Fairtrade: EU-Lieferkettengesetz zugunsten vulnerabler Produzentengruppen nachbessern
Der Vorschlag ist ein großer, wenn auch nur erster Schritt um den Schutz von Menschenrechte und ökologische Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette zu etablieren.
Zum Teil über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus
Fairtrade begrüßt ausdrücklich, dass folgende Punkte im Vorschlag der EU-Kommission aufgenommen wurden, die von Fairtrade gefordert waren, aber im deutschen Lieferkettengesetz fehlen:
- Existenzsichernde Löhne: Der Entwurf enthält ausdrücklich das Verbot, einen angemessenen existenzsichernden Lohn vorzuenthalten. Er schärft zudem die Auslegung eines ‚angemessenen Lohns‘.
Handelspraktiken: Der vorliegende Vorschlag bezieht sich ausdrücklich auf Kaufentscheidungen, einschließlich der Preisgestaltung, als einen der Hauptgründe für die mangelnde Verwirklichung von Menschenrechten. Leider wird dies nicht explizit in den Sorgfaltspflichten aufgegriffen. Hier muss nachgebessert werden.
Unterstützung bei der Umsetzung des Gesetzes entlang der Lieferkette: Die zentrale Frage zu den Kosten, die die Umsetzung der HREDD-Maßnahmen mit sich bringen, wurde von der Kommission anerkannt und an mehreren Stellen aufgegriffen. So sollen in speziellen Fällen kleine und mittlere Unternehmen von ihren Kunden unterstützt werden. Aber auch die Mitgliedsstaaten und die EU sollen unterstützende Maßnahmen anbieten – auch in Drittländern. Hier ist es wichtig, dass diese Maßnahmen auch für Produzentenorganisationen in den Anbauländern angeboten werden – unter deren Mitsprache.
Aus der Sicht von Fairtrade ist der aktuelle Vorschlag ein guter Start für die folgenden Verhandlungen. Die Kommission erkennt die Notwendigkeit an, ganze Lieferketten einzubeziehen, die Interessengruppen zu beteiligen und die Beschaffungspraxis zu reformieren. Auch die Aufnahme zivilrechtlicher Haftung für Unternehmen ist zu begrüßen, solte aber noch von Ausnahmen bereinigt werden.
”Damit kann man arbeiten. Die Bundesregierung muss sich nun, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einsetzen, indem sie die Schlupflöcher und Lücken im EU-Entwurf schließt" , sagt Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von Fairtrade Deutschland. "Das Europaparlament fordern wir auf, an seine starke Resolution anzuknüpfen. Wir werden deutschen Mitglieder des Europaparlaments besonders die Sicht der Produzent*innen aus Afrika, Lateinamerika und Asien nahelegen."
Anwendungsbereich, Geschäftsbeziehungen, “Cut & Run”: Wo nachgebessert werden muss
Der Anwendungsbereich des Vorschlags bleibt nach Meinung von Fairtrade stark verbesserungswürdig. Der Vorschlag deckt nur sehr große Unternehmen ab, das sind nur ein Prozent der Unternehmen in der EU.
Darüber hinaus würde der aktuelle Vorschlag die effektive und längerfristige Zusammenarbeit zur Verbesserung der Menschenrechtslage innerhalb der Lieferketten nicht fördern. Er bezieht sich nur auf etablierte Geschäftsbeziehungen. Das heißt: Unternehmen, die langfristige Beziehungen vermeiden und eine Liste von Kurzzeitlieferanten unterhalten, könnten weiterhin Menschenrechts- und Umweltfragen in ihren Lieferketten ignorieren.
Außerdem legt der Vorschlag nahe, dass europäische Einkäufer eine Geschäftsbeziehung beenden könnten, wenn ein Lieferant mit schwerwiegenden Menschenrechts- oder Umweltproblemen zu kämpfen hat, die wahrscheinlich kurzfristig nicht beseitigt oder gemildert werden können. Dies verfehlt den Zweck von Sorgfaltspflichten und die Realität menschenrechtlicher Risikobewältigung. Ernsthafte Probleme wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Abholzung werden von vielen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren verstärkt. Hier braucht es Lösungen, um Ursachen nachhaltig zu adressieren. Solche Lösungen brauchen Zeit.
Es braucht ebenfalls einen sinnvollen Dialog und eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen allen Akteur*innen in der Lieferkette. Nur so können echte Fortschritte bei der Verhinderung, Beendigung und Behebung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in globalen Lieferketten erzielt werden.
Wie es nun weitergeht
Der Entwurf der EU-Kommission geht nun zur Ausarbeitung in den Rat der Europäischen Union und das Europaparlament. Sobald das EU-Gesetz beschlossen ist, muss das deutsche Lieferkettengesetz innerhalb von zwei Jahren angepasst werden.
Weiterführende Informationen
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