Fairtrade-Textilstandard und Textilprogramm

Starkes Doppel für die Textilindustrie

Der Textilstandard und das Textilprogramm sind ein umfassender Ansatz zur Stärkung von Arbeiterinnen und Arbeitern und zur Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Gemeinsam mit dem Fairtradestandard für Baumwolle erreicht Fairtrade so jeden Schritt der Textillieferkette.

Im Textilsektor gibt es noch immer viele Probleme und Herausforderungen. Dies wird unter anderem durch lange, komplexe Lieferketten, fehlende Transparenz und das fehlende Bewusstsein der Arbeiterinnen und Arbeiter für ihre Rechte beeinflusst. Die Folgen für Mensch und Umwelt sind oft dramatisch. Mit dem Textilprogramm und dem Textilstandard setzt sich Fairtrade ganzheitlich für den fairen Handel entlang der kompletten Wertschöpfungskette eines Textils ein. Auf dieser Seite finden Sie eine Übersicht über die Besonderheiten dieses Ansatzes.

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Teamwork: Der Texilstandard und das Textilprogramm

Durch den Fairtrade-Textilstandard und das Textilprogramm sollen die Arbeitsbedingungen und Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter in der gesamten Verarbeitungskette der Textilbranche verbessert und ihre Rechte gestärkt werden.

In Kürze: Was macht den Standard so besonders?

  • Der Ansatz geht über Kontrollen und Zertifizierung hinaus – er verbindet einen strengen Standard mit einem Programm, das die Beschäftigten und die Fabriken vor Ort unterstützt und sie zu Akteuren der Verbesserung macht.
  • Als erster Standard überhaupt definiert der Textilstandard einen festen Zeitrahmen, innerhalb dessen ein existenzsichernder Lohn in der ganzen Textilkette erreicht werden muss.
  • Der Ansatz enthält langfristige Verpflichtungen zwischen den Markenunternehmen und Lieferanten sowie faire Einkaufsbedingungen.
  • Ziel ist die Stärkung der Stellung der Arbeiterinnen und Arbeiter. Diese sollen in die Lage versetzt werden, bessere Arbeitsbedingungen zu verhandeln und ihre Rechte zu vertreten.
  • Der Standard ist offen für die Verarbeitung von Fairtrade-Baumwolle und andere verantwortungsvoll produzierte Textilfasern.

Mehr als eine Zertifizierung – das Fairtrade-Textilprogramm

Vergleichbar mit der Unterstützung von Fairtrade-Kleinbauernorganisationen und Beschäftigten auf Plantagen bietet Fairtrade ein Unterstützungsprogramm für die Fabriken vor Ort an. Das Programm steht auch Unternehmen zur Verfügung, die (noch) nicht Teil des Fairtrade-Systems oder einer Fairtrade-Lieferkette sind, jedoch die Arbeitsbedingungen in ihren textilen Produktionsstätten verbessern möchten.

  • Das Fairtrade-Textilprogramm umfasst Trainingsmodule in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Stärkung der Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern, existenzsichernde Löhne, Umwelt- und Chemikalienmanagement und Verbesserung von Effizienz und Produktivität. Unternehmen können sich für einen Bereich entscheiden oder mehrere Themen gleichzeitig angehen.
  • Zu Beginn steht eine Analyse der Risiken und Entwicklungspotenziele der Produktionsstätte durch Expert*innen. Die Ergebnisse fließen in Aktionspläne ein, die gemeinsam mit dem Management der Fabriken erarbeitet werden. Die anschließende Umsetzung wird durch Fairtrade-Mitarbeiter*innen, Gewerkschaften, Trainingscenter und externe Partner*innen und Expert*innen begleitet.
  • Wenn sich das Unternehmen der Produktionsstätte für eine Fairtrade-Zertifizierung entscheidet, bewerten die Auditor*innen von FLOCERT im Rahmen der Audits die umgesetzten Maßnahmen und Ergebnisse.

Der Textilstandard

Der Fairtrade-Textilstandard basiert auf dem Fairtrade-Standard für lohnabhängig Beschäftigte (Hired Labour Standard) und den ILO (Internationale Arbeitsorganisation)-Kernarbeitsnormen. Darüber hinaus umfasst der Standard:

Allgemeine Anforderungen

Kriterien für alle Stufen der Produktion für die komplette Lieferkette.

Der Fairtrade Textilstandard kann nur in Ländern und Gebieten angewandt werden, in denen Vereinigungsfreiheit möglich ist. (Mehr Informationen: Geographical Scope Textilstandard)

Neben Fairtrade-Baumwolle können auch andere verantwortungsvoll produzierte Fasern unter dem Standard verarbeitet werden, sodass eine größere Zahl von Lieferketten erfasst wird und mehr Unternehmen und damit mehr Arbeiterinnen und Arbeiter erreicht werden können.

Zu den verantwortungsvoll produzierten Fasern zählen:

Cotton made in Africa (CmiA), European Union (EU) Organic Program, United States Department of Agriculture (USDA), National Organic Program (NOP), Lenzing Group (LENZING™ Modal, TENCEL™, LENZING™ Viscose, LENZING™ FR), Better Cotton Initiative, Global Recycling Standard (GRS)

Die Kriterien 1.3.2, 1.4.2, 1.4.3 im Textil-Standard enthalten klare Vorgaben für Subunternehmen. Unter anderem müssen diese sich beim Zertifizierer FLOCERT registrieren lassen und Audits zulassen. Subunternehmen ist die weitere Auftrags-Untervergabe ausdrücklich nicht erlaubt. Arbeitsbedingungen und Beschwerdeverfahren bei Subunternehmen entsprechen den Anforderungen aus dem Standard. Ein Managementsystem zur Überwachung und Unterstützung dieser Einhaltung steht vonseiten der Subunternehmen zur Verfügung.

Für Arbeiterinnen und Arbeiter

Der Fairtrade-Textilstandard beinhaltet eine Umsetzung existenzsichernder Löhne innerhalb von sechs Jahren. Denn in vielen Ländern liegt der gesetzlich vorgeschriebene oder branchenübliche Mindestlohn nicht auf einem existenzsichernden Niveau. Fairtrade hingegen ermittelt anhand vorliegender, mit den lokalen Gewerkschaften verhandelten Tarifen einen sektoralen existenzsichernden Lohn. Bei nicht vorhandenen Tarifvorgaben wird Fairtrade regionale Benchmarks ermitteln (nach der Anker Methode). Die Anker Methode wird von ISEAL-Mitgliedern zur Schätzung des existenzsichernden Lohns verwendet.

Stärkung der Arbeiterinnen und Arbeiter, sodass ihre Stellung und ihr Status im Unternehmen gefestigt werden. Der Standard verringert Hindernisse und ermöglicht es den Arbeiterinnen und Arbeitern, sich zu organisieren oder Teil einer bestehenden Gewerkschaft zu werden, sodass ihre Stellung und ihr Status im Unternehmen gefestigt und verbessert werden.

Der Fairtrade-Textilstandard stellt Anforderungen im Bereich Arbeitssicherheit und schreibt u. a. das Tragen von Schutzkleidung vor. Er macht weiterhin Vorgaben über die Lagerung und den Umgang mit gefährlichen Substanzen sowie über die Gebäudesicherheit.

Hierzu zählen Anforderungen bezüglich Arbeitszeiten und Überstunden, Arbeitsverträge und Zeitarbeitsverträge.

Ein Beschwerde-Mechanismus schließt Vertreter aus der Zivilgesellschaft  – im Optimalfall Gewerkschaftsvertreterinnen – mit ein, die die Arbeiterinnen und Arbeiter im Beschwerdefall als neutrale Partei unterstützen, falls die Abwicklung einer Beschwerde innerhalb des Unternehmens nicht zufriedenstellend für die Arbeiter verläuft.

Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen: Schulungen zur Aufklärung über Arbeiterrechte. Damit die Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter verbessert werden kann, sind Schulungen vor Ort, einschließlich der Aufklärung über Arbeitnehmerrechte, unabdingbar. Der Standard wird diesem Bedürfnis gerecht. Wichtige Themengebiete sind dabei unter anderem Aufklärung über Arbeitnehmerrechte, Verbesserung der internen Kommunikation, Beschwerdemanagement oder Schulungen zu den Fairtrade-Standards. 

Stärkung der Beschäftigten durch das Compliance Komitee. Das Compliance Komitee ist bei der Umsetzung des Standards, bei den Audits durch FLOCERT und bei der Risikobewertung involviert. Arbeitervertreter des Compliance Komitees sind an den von FLOCERT durchgeführten, unabhängigen Audits beteiligt.

Der Standard enthält das „Youth Employment and Apprentice Programme“. Dies ist eine Entwicklungsanforderung, die Unternehmen darin bestärkt, Entwicklungs- und Traineeprogramme für junge Arbeiter (im Rahmen des gesetzlichen Arbeitsalters) zu entwickeln, mit denen sie die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter verbessern können und in die Fähigkeiten ihrer Beschäftigten investieren.

Der Fairtrade Textilstandard erfüllt alle ökologischen und sozialen Kriterien des Grünen Knopfes. Ein Unternehmen, das die Unternehmenskriterien erfüllt, kann also für seine Produkte, die nach dem Fairtrade Textilstandard zertifiziert sind, den Grünen Knopf beantragen. Der Fairtrade Textilstandard geht in den sozialen Kriterien allerdings weit über die Mindestkriterien hinaus.

Wie wird das Textilsiegel aussehen und wird es verwendet?

Das Fairtrade-Textilsiegel wurde neu entwickelt. Neben dem Siegel wird eine transparente Nachricht erklären, ob das Produkt aus einer Lieferkette stammt, in der existenzsichernde Löhne bereits erreicht wurden, oder ob existenzsichernde Löhne noch gemäß dem Zeitrahmen von sechs Jahren in Arbeit sind. Es wird auch gekennzeichnet, ob das Produkt Fairtrade-Baumwolle oder andere verantwortungsvoll produzierte Fasern enthält.