„FAIRTRADE IST FÜR UNS UNERLÄSSLICH“

Portrait der Kaffeebäuerin Merling Preza Ramos

Merling Preza Ramos ist Kaffeekleinbäuerin aus Nicaragua und leitet die Kaffee-Organisation PRODECOOP. Im Gespräch erzählt sie, wie Fairtrade Kaffeeproduzent*innen in Corona-Zeiten im globalen Süden hilft.

Wie ist die aktuelle Lage für Kaffeekleinbäuerinnen und -bauern in Lateinamerika?

Die Pandemie hat sich auf den internationalen Markt ausgewirkt. Wir haben Marktanteile verloren, der Kaffeekonsum in der Gastronomie ist zum Beispiel dramatisch gesunken. Und die hohen Kosten bleiben. In Zentralamerika kamen auch noch die Hurrikans des letzten Jahres erschwerend hinzu. Auch die haben viele Fairtrade-Organisationen getroffen und die Ernten beeinträchtigt.

Was ist der Mehrwert von Fairtrade in der aktuellen Krise?

Fairtrade ist für uns unerlässlich. Fairtrade als Tor zum Exportmarkt, der Mindestpreis und die zusätzliche Prämie hilft uns, mit solchen Notfällen umzugehen. Heute bin ich mehr denn je überzeugt, dass Fairtrade für Kleinproduzenten weiter gefördert werden sollte, weil sie zu den am meisten gefährdeten Menschen gehören. Sie haben weniger Ressourcen, um Lebensmittel zu kaufen oder um Schutzausrüstung zu beschaffen – und sie haben einen schlechteren Zugang zu Gesundheitssystemen. Durch das Einkommen, das Kleinbauern durch ihre Fairtrade-Absätze erwirtschaften, können sie Lebensmittel finanzieren und ihre Kosten decken.

Welche Hoffnungen und Bedürfnisse haben die Produzentenorganisationen?

Die erste Hoffnung ist, dass wir einfach weiter produzieren zu können – unseren Kaffee, unseren Kakao, unsere Blumen, unsere Bananen. Und dass wir den Zugang zu Fairtrade-Märkten behalten und verlorene Wertschöpfungsketten wiederaufbauen können.

Welche persönliche Erfahrung der letzten Monate gibt Ihnen Hoffnung, um die Pandemie zu überstehen?

Eine Erfahrung, die mir Hoffnung gibt, ist, dass wir es geschafft haben, die Ernte 2020-2021 einzuholen – trotz Covid. Wir haben Kampagnen durchgeführt und Aufklärungsmaterial, Bannern und Poster verteilt. Unter anderem mit Unterstützung des Produzentennetzwerks CLAC haben wir dafür gesorgt, dass sauberes Wasser zum Händewaschen, Masken und Desinfektionsmittel auf den Farmen vorhanden sind, um die Ansteckungsgefahr während der Erntezeit zu reduzieren. Wir haben uns bestmöglich organisiert und wir haben es geschafft, Vorfinanzierung durch unsere Partner zu erhalten, was ein großer Vertrauensbeweis ist.

Nothilfe im globalen Süden

Mit einem millionenschweren Corona-Fonds leistet Fairtrade Nothilfe für Produzent*innen in den Anbauländern und schafft Perspektiven vor Ort.

Rund 15 Millionen Euro für Soforthilfe und Wiederaufbau hat Fairtrade als globales Netzwerk aus eigenen Mitteln und mithilfe externer Geldgeber, darunter das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), für einen Corona-Fonds akquiriert. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt die Umsetzung vor Ort. Vom Anfang des Programms 2020 bis Ende März 2021 hatten bereits 900 Produzentenorganisationen aus rund 60 Ländern Mittel erhalten. Mehr als eine halbe Millionen Menschen wurden dadurch unterstützt.

Die Hilfe nutzen die Produzentenorganisationen insbesondere für Aufklärungs- und Hygienemaßnahmen. Mithilfe des Fonds werden kleinbäuerliche Betriebe und lohnabhängig Beschäftigte in Ländern des Südens zudem finanziell bei der Gesundheitsvorsorge unterstützt. Mittelfristig stehen die Produktivitäts- und Qualitätsverbesserung sowie die Anpassung an den Klimawandel an der Tagesordnung.