Update von Märkten und Produzenten
Glücklicherweise haben wir innerhalb der Organisation von TransFair (Fairtrade Deutschland) noch keine Informationen über Erkrankungen. Allerdings dominieren weltweit die Corona bedingten Einschränkungen inzwischen den Alltag. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben, aber auch auf die Wirtschaft in den Produzentenländern.
Die Zeit der extremen Hamsterkäufe ist vorbei. Generell sehen wir eine verstärkte Nachfrage nach Bananen, Kaffee, Kakao und Reis mit Fairtrade-Zertifizierung. Perspektivisch gehen wir davon aus, dass der Handel mit diesen Produkten weiterhin aufrecht erhalten werden kann. Im Gegensatz dazu sind schon heute Blumenproduzenten, Baumwoll- und Teearbeiter*innen erheblich betroffen, da in diesen Produktkategorien teilweise dramatische Rückgänge zu verzeichnen sind.
Fairtrade Produzentenorganisationen spenden ihre Prämien
In den meisten Ländern arbeiten die Landwirte immer noch auf den Feldern. Die Kooperativen und Plantagen klären über präventive Maßnahmen wie Abstandsregeln, das Tragen von Gesichtsmasken und Handschuhen sowie verstärktes Händewaschen auf. Einige Kooperativen haben ihren Betrieb reduziert, um weniger Personal in den Verarbeitungs- oder Verpackungsbetrieben zu haben. Vielerorts wird diskutiert, die Fairtrade-Prämien zur Bewältigung der Krise zu nutzen. In Ecuador spenden Bananenkooperativen die Fairtrade-Prämien für Infektionsschutzmaßnahmen und medizinische Ausrüstungen in der Region. Außerdem spendeten sie Bananen an Hilfsbedürftige und Kranke.
Standardanpassung für Fairtrade Prämiennutzung
Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat das Fairtrade Standard Komitee beschlossen, mehr Flexibilität bei der Nutzung der Fairtrade-Prämie zu erlauben, um die Verbreitung von Krankheiten zu minimieren, zum Beispiel durch den Kauf und die Verteilung von Gesichtsmasken oder anderer persönlicher Schutzausrüstung oder durch die Durchführung von Hygienekampagnen. Auch Direktauszahlungen an Arbeiter*innen beispielsweise auf Bananen- oder Blumenfarmen sind zu 100% möglich, um wegbrechende Löhne zu kompensieren.Die Fairtrade-Prämie ist ein zusätzlicher Betrag zum Verkaufspreis, den die Erzeugerorganisationen bei jedem Fairtrade-Verkauf verdienen und in Projekte ihrer Wahl investieren, die ihren Unternehmen und Gemeinden zugute kommen. Im Jahr 2019 lag das Prämienaufkommen durch das Geschäft in Deutschland bei fast 40 Millionen Euro, welches den Erzeugern direkt zugute kam.
Produkte
Blumenmarkt eingebrochen
Der Schnittblumenmarkt ist stark durch Corona beeinträchtigt. In vielen Ländern wie Italien, Frankreich, Spanien und Schweiz wird der Verkauf von Schnittblumen in Supermärkten aufgrund der Konzentration auf die Grundbedürfnisse limitiert. Die beiden wichtigsten Importländer im Blumenzuchtbereich, Kenia und Äthiopien, verzeichnen Verluste von etwa 70 bis 80 Prozent des Umsatzes, damit verbundene Kosten für die Vernichtung unverkaufter Blumen, hohe Kosten für Bankkredite sowie den Einsatz von Arbeitskräften zum Stutzen der Pflanzen.Viele Beschäftigte der Farmen werden in unbezahlten Zwangsurlaub geschickt oder sogar entlassen. Über 66.000 Arbeiterinnen und Arbeiter stehen vor der Entlassung, falls sich die Situation weiter verschlechtern sollte. Normalerweise haben die Produzenten in der Zeit zwischen Ostern und Muttertag die größten Umsätze. Jetzt werden die Produzenten jedoch erhebliche Verluste machen.Ein kleiner Lichtblick: In Deutschland verkaufen nahezu alle Supermärkte weiterhin Fairtrade-Blumen, allerdings auf einem deutlich geringeren Niveau, da der Lebensmittelhandel seine Logistikkapazitäten derzeit auf Lebensmittel fokussiert und die Luftfrachtkapazititäten aus Ostafrika durch die aktuelle Situation limitiert sind.
Kaffee stabil
Kaffee ist derzeit sehr gefragt, hat aber nicht zu leeren Regalen geführt. Und für Nachschub wird auch schon gesorgt. Der Kaffee aus Mittelamerika und Mexiko ist bereits geerntet worden, rund 60 Prozent der Kaffeeernte in Lateinamerika hat jedoch noch nicht begonnen. Hier könnte die Situation problematisch werden, wenn die Reisebeschränkungen zu lange andauern.
Bananen ernten auf Hochtouren
Die Produzenten arbeiten weiter. Die Exporte gehen normal weiter, aber wir gehen davon aus, dass die Produktionskosten für die Bananenproduzenten steigen werden, da sie zusätzliche sanitäre Maßnahmen ergreifen müssen, wie zum Beispiel die Verwendung von Masken, Handschuhen, antibakteriellen Seifen, zusätzlichen Kunststoffen, um die Menschen in den Packstationen physisch voneinander zu trennen, zusätzlichen Transport, um die Arbeiter zu den verschiedenen Arbeitsbereichen zu bringen, um die soziale Distanzierung in den Bussen zu gewährleisten, etc..
In Ecuador hat die Regierung eine Sondergenehmigung für Bananenproduzenten und -arbeiter gewährt, damit diese die Plantagen mit einer Genehmigung erreichen können. [mehr]
Tee
Die Situation im indischen Teesektor ist nach der Ausgangssperre sehr angespannt. Millionen von Wanderarbeitern sind im Land unterwegs, oder gestrandet. Nach der Ausgangssperre in Indien sind die meisten Teegärten vorrübergehend geschlossen. Für die Arbeiter*innen ist diese Situation bedrohlich, da sie keine Ressourcen haben, den Lohnausfall zu überbrücken. In Südindien ist die Mehrheit der Arbeiterinnen und Arbeiter fest angestellt, und die Teeplantagen unterstützen sie, indem sie weiterhin die Löhne zahlen.
Textilien und Cotton
Im Textilsektor bleibt die Situation kritisch: Sowohl der stationäre Handel als auch der Online-Handel verzeichnen erhebliche Einbrüche. Es muss abgewartet werden, wie die Produktion in der Industrie wieder aufgenommen werden kann, wenn Beschränkungen wie zum Beispiel der Lock Down in Indien planmäßig am 16. April zu Ende gehen. Bezüglich der Aussaat der Baumwolle, konnte die Arbeit in den meisten Regionen umgesetzt werden. Es bleibt offen, wie der Markt die Rohware dann aufnehmen kann.
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