Fairtrade erhöht Mindestpreis für Kaffee
Klimakrise, Inflation, Preisschwankungen – Kaffeebäuerinnen und -bauern stehen vor vielfachen Herausforderungen. Für mehr Investitions- und Planungssicherheit und um sie besser gegen Krisen zu wappnen, erhöht Fairtrade den Mindestpreis für Arabica-Kaffee um 29 Prozent, den Preis für Robusta um 19 Prozent. Die Änderungen treten ab August in Kraft.
Höhere Preise für mehr Planungssicherheit
Der neue Fairtrade-Mindestpreis für gewaschene Arabica-Bohnen – die mehr als 80 Prozent des gesamten verkauften Fairtrade-Kaffees ausmachen – beträgt künftig 1,80 US-Dollar pro britischem Pfund (lb), eine Erhöhung um 40 Cent gegenüber dem bisherigen Preis. Der Aufschlag für Fairtrade-Kaffee, der zusätzlich biologisch angebaut wurde, steigt um ein Drittel von 30 auf 40 Cent pro Pfund. 2021 war über die Hälfte des verkauften Fairtrade-Kaffees auch Bio-zertifiziert.
Trotz des jüngsten Anstiegs der Kaffeepreise auf dem Weltmarkt haben Kaffeebäuerinnen und -bauern mit Inflation, explodierenden Produktionskosten und Ernteausfällen aufgrund der Auswirkungen der Klimakrise zu kämpfen. Mit dem neuen Mindestpreis bietet Fairtrade ein Sicherheitsnetz, das besser an diese krisenbehafteten unsicheren Zeiten angepasst ist. Liegen die Weltmarktpreise über dem Mindestpreis, erhalten die Kooperativen den höheren Preis.
„Bessere Preise bedeuten auch eine bessere Perspektive für den Kaffeeanbau in Anbauländern des globalen Südens“, erläutert Claudia Brück, Vorständin von Fairtrade Deutschland. „Viele junge Farmerinnen und Farmer in Afrika, Lateinamerika und Asien verlassen ihre Höfe, weil sich der Anbau schlicht nicht mehr lohnt, und migrieren in die Großstädte. Mit den erhöhten Mindestpreisen und die Fairtrade-Prämie für Projekte vor Ort trägt Fairtrade dazu bei, den Kaffeeanbau attraktiver zu machen – und sichert damit auch globale Lieferketten.“
Zusätzliche Fairtrade-Prämie für Projekte vor Ort
Fairtrade-Kaffee wird weltweit von rund 900.000 zertifizierte Kaffeebäuerinnen und -bauern angebaut, und zwar in über 650 Produzentenorganisationen in 31 Ländern. Neben dem Mindestpreis erhalten sie einen zusätzlichen finanziellen Aufschlag, die Fairtrade-Prämie, die in Projekte zur Verbesserung der Produktivität, der Klimaanpassung, der Qualität sowie der Infrastruktur vor Ort investiert wird. Über die Anwendung der Mittel entscheiden die Kooperativen selbst. In den letzten fünf Jahren haben Fairtrade-zertifizierte Kaffeeproduzenten-Organisationen mehr als 400 Millionen Euro an Prämien erwirtschaftet.
„Wenn wir die Armut in der globalen Lieferkette ernsthaft bekämpfen wollen, muss jeder in der Lieferkette – von den Verbraucherinnen und Verbrauchern über die Einzelhändler bis hin zu den Händlern – seinen Teil dazu beitragen und den Bäuerinnen und Bauern ihren gerechten Anteil zahlen“, sagt Silvia Gonzalez, Managerin beim nicaraguanischen Kaffeeproduzenten UCA Miraflor und Vorstandsmitglied des regionalen Fairtrade-Produzentennetzwerks CLAC.
Fairtrade fordert, dass kostendeckende nachhaltige Preise, für die alle Beteiligten der Lieferkette Verantwortung tragen, bei der Entwicklung des europäischen Lieferkettengesetzes berücksichtigt werden.
Schritte hin zum existenzsichernden Einkommen
Die Anhebung des Mindestpreises ist ein wichtiger Schritt für mehr finanzielle Stabilität. Über den obligatorischen Fairtrade-Mindestpreis hinaus hat Fairtrade für einige Länder Referenzpreise für ein existenzsicherndes Einkommen (Living Income Reference Price) entwickelt. Diese geben Preise an, die Produzentinnen und Produzenten erhalten müssten, um mit ihrem Kaffee ein existenzsicherndes Einkommen erzielen zu können. Gleichzeitig müssen weitere Voraussetzungen, beispielsweise eine rentable Betriebsgröße und produktive Anbauweisen erfüllt sein.
Ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, bedeutet, dass ein Haushalt in der Lage ist, eine angemessene Unterkunft, Lebensmittel, Bildung und Gesundheitsfürsorge bezahlen zu können und Rücklagen für Notfälle vorzuhalten. Importeure und Röster werden ermutigt, diese Preise auf freiwilliger Basis zu zahlen und so einen Beitrag zu leisten, dass Kleinbauernfamilien Fortschritte in Richtung eines existenzsichernden Einkommens machen können.
Zur Entstehung des Fairtrade-Mindestpreises
Fairtrade überprüft regelmäßig die Relevanz des Mindestpreises in den verschiedenen Anbauländern in Konsultationen mit den örtlichen Produzentenorganisationen. Das Fairtrade-Standards-Komitee, das über die Überarbeitung des Mindestpreises entscheidet, setzt sich aus Vertreterinnen und Vertreter aus jeweils drei Produzentenkooperativen, drei nationalen Fairtrade-Organisationen, aus einer Gewerkschaft und einem Händler/Importeur.
Um den neuen Mindestpreis zu erreichen, führte Fairtrade eine Analyse der Produktionskosten sowie einen dreimonatigen Konsultationsprozess mit den wichtigsten Interessengruppen durch. Diese umfassten mehr als 540 Mitwirkenden aus 40 Ländern – 86 Prozent von ihnen aus Produzentenorganisationen.
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