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Erste Partner vorgestellt!

Im März veröffentlichte Fairtrade den neuen Textilstandard und das begleitende Textilprogramm. Auf der Ethical Fashion Show in Berlin stellten nun erste Textilhersteller ihre Pläne für die Zusammenarbeit vor.

Näherinnen bei der Arbeit

Der Textilstandard ist der erste seiner Art, der die gesamte Textillieferkette umfasst. Das zusätzliche Programm  unterstützt die Fabriken darin, konkrete Verbesserungsschritte im Sozial- und Umweltbereich zu gehen - in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten. Erste Partner werden die Hersteller 3Freunde, Shirts for Life und Melawear. „Die ersten Partner übernehmen eine große Vorreiterrolle und Vorbildfunktion“, sagte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von TransFair e.V. „Genau dieses mutige Engagement brauchen wir, damit sich in der Textillieferkette endlich etwas ändert.“ Raju Ganapathi, Leiter für Standards und Pricing, Textiles and Producers Services des Produzentennetzwerks NAPP in Indien unterstrich die Besonderheit des Fairtrade-Ansatzes: „Kein anderer Standard legt ein vergleichbares Gewicht darauf, Beschäftigte in Entscheidungs- und Lösungsprozesse zu involvieren.“
 

Erste Partner: 3Freunde, Shirts for life und Melawear

Als langjähriger Fairtrade-Partner bieten die 3Freunde bereits T-Shirts mit Fairtrade-Baumwolle an. „Jetzt wollen wir den nächsten Schritt gehen und neben dem Rohstoff auch die Lieferkette nach Fairtrade-Standards zertifizieren lassen“, sagte Stefan Niethammer, Gründer der 3Freunde. „Wir sind Teilhaber einer Fabrik in Indien. Hier beginnen wir jetzt damit, die Kriterien für den Textilstandard umzusetzen.“ Auch der Baumwoll-Partner Melawear übernimmt Vorbildfunktion und wird am Textilprogramm teilnehmen. Ein erstes Assessment in einer Produktionsstätte in Indien hat bereits stattgefunden. Dazu sagte Henning Siedentopp, Geschäftsführer von Melawear: „Die Herausforderungen, die ermittelt wurden, betreffen vor allem Löhne, Mitsprache und Leiharbeiter. Jetzt gilt es entsprechende Strukturen für eine einfachere Beteiligung zu schaffen, Löhne schrittweise zu erhöhen und die Beschäftigungssituation der Leiharbeiter zu verbessern.“  Die Marke „Shirts for Life“ ist, wie auch Melawear, bereits Mitglied im Textilbündnis. „Die Idee des Textilbündnisses ist gut, denn hier sitzen verschiedene Akteure an einem Tisch“, so Dr. Ulrich Hofmann, Gründer von Shirts for Life, „aber mit dem Fairtrade-Programm gibt es nun ein ganz konkretes Instrument für Verbesserungen vor Ort, das ist uns wichtig. Wir wollen mit unserem Engagement auch zu einem Bewusstseinswandel bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern beitragen.“
 

Der erste Standard, der existenzsichernde Löhne vorschreibt

Basis für den Textilstandard war der bestehende Fairtrade-Standard für lohnabhängig Beschäftigte, der die Arbeitsbedingungen, Lohnsituation und Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fokus stellt. Er ist der erste Standard weltweit, der eine feste Zeitvorgabe für das Erreichen von existenzsichernden Löhnen vorschreibt. „Die Löhne müssen schrittweise erhöht werden. Ein existenzsicherndes Niveau muss innerhalb von sechs Jahren erreicht werden“, so Dieter Overath, „nur dann darf das auch am Endprodukt kommuniziert werden.“ Neben den Textilfabriken beinhaltet der Standard Kriterien für Markenunternehmen: Sie verpflichten sich in Verträgen zu fairen und langfristigen Einkaufspraktiken. Erst das macht eine Lohnerhöhung überhaupt umsetzbar. Der Textilstandard stärkt die Position und Rechte der Beschäftigten in den Fabriken und versetzt sie in die Lage, ihre Arbeitsbedingungen eigenständig zu verhandeln.
 

Mehr als nur eine Zertifizierung – das Fairtrade-Textilprogramm

Um Veränderungen zu erreichen, erhalten die Fabriken vor Ort Unterstützung durch lokale Experten und von den Fairtrade-Produzentennetzwerken. „Wir wollen, dass die Fabrikbesitzer und Beschäftigten die Richtlinien und die Beweggründe dahinter verstehen. Deshalb bieten wir Trainings beispielsweise zu Umweltmanagement, Gesundheits- und Arbeitssicherheit oder Versammlungsfreiheit an“, erläuterte Raju Ganapathi vom indischen Fairtrade-Produzentennetzwerk NAPP. „Die Fabriken stehen in ihrer Entwicklung an ganz unterschiedlichen Punkten, es ist deshalb wichtig, dass wir in unseren Schulungen gezielt auf die jeweiligen Bedürfnisse eingehen.“ Das Textilprogramm holt die Fabriken an dem Punkt ab, an dem sie stehen, und hilft ihnen, die hohen Anforderungen des Standards zu erfüllen. Das Programm kann auch ohne Zertifizierung nach dem Textilstandard in Anspruch genommen werden und steht Betrieben offen, die sonst nicht in den Wirkungsbereich des Standards fallen würden, da sie beispielsweise andere Fasern verarbeiten als vom Standard vorgeschrieben.

Flocert, die unabhängige Zertifizierungsorganisation von Fairtrade, wird die Audits in den Textilbetrieben durchführen. Dabei sind die Textilarbeiterinnen und -arbeiter stets durch demokratisch gewählte Vertreter beteiligt, die die Belegschaft über die Ergebnisse informieren. Flocert setzt nur Auditoren ein, die sich besonders gut in den komplexen Abläufen der Textilproduktion auskennen.