Vanille-Produzenten im Kampf gegen Kinderarbeit

In Madagaskar kämpfen Vanille-Produzent*innen in Zusammenarbeit mit Fairtrade gegen ausbeuterische Kinderarbeit, die im arbeitsintensiven Vanille-Anbau nicht selten vorkommt.

Handbestäbung der Vanille

Die Vanilleproduktion bringt viel Arbeit mich sich, da die Ernte auf Madagaskar unter anderem handbestäubt werden muss. Außerdem ist Vanille eines der teuersten Gewürze weltweit, was jedoch nicht bedeutet, dass Bäuerinnen und Bauern für ihre Arbeit gerecht bezahlt werden. Die Weltmarktpreise von Vanille sind jedes Jahr starken Schwankungen ausgesetzt, da das Land durch den Klimawandel wiederholt unter schweren Naturkatastrophen leidet. Um im Arbeitsalltag zu unterstützen, müssen häufig die Kinder der Bäuerinnen und Bauern auf den Feldern mitarbeiten. Doch die Fairtrade-Produzenten in Madagaskar haben der ausbeuterischen Kinderarbeit den Kampf angesagt. Sie machen sich für ein Leben ohne ausbeuterische Kinderarbeit stark.

Produzenten und Fairtrade

Derzeit gibt es zwölf Fairtrade-zertifizierte Vanille-Kooperativen in Madagaskar, die etwa 6.700 Vanille bäuerinnen und -bauern repräsentieren. Als Fairtrade International 2010 den „Integrativen Ansatz zur Prävention ausbeuterischer Kinderarbeit“ entwickelte, baten die Vanille-Produzenten Anita Seth,  Beraterin für Social Compliance und Development bei Fairtrade International, Teil des Programms zu werden, da sie die potentiellen Risiken erkannten. Die Bäuerinnen und Bauern legten großen Wert darauf, an der Erarbeitung von Lösungsansätzen und Maßnahmen mitzuarbeiten. Lag im Jahr 2010 der  Fokus bei der Kinderarbeitsbekämpfung noch auf dem Kakao-, Kaffee-, Baumwoll- und Zucker-Sektor,  wurde durch das Engagement der Produzenten nun auch der Vanilleanbau mit berücksichtigt.

Fairtrade setzt sich für Kindesschutz ein

2011 veröffentlichte die ILO (International Labor Organisation) eine Studie zu Kinderarbeit in der Sava Region in Madagaskar. In dieser Region leben und arbeiten etwa 4.000 Fairtrade-zertifizierte Vanille-Produzenten. Aufgrund der Besorgnis erregenden Ergebnisse organisierte REFAMADA (Reseau Fairtrade Madagascar), ein nationales Netzwerk für alle Kleinbauernkooperativen in Madagaskar, für Bäuerinnen und Bauern ein Training zu Kinderarbeit, das durch das Ministerium für Kinderrechte (Ministry of Child Protection) durchgeführt wurde. Das erworbene Wissen konnten die Produzenten direkt in ihren Gemeinden umsetzen.

Unter anderem wurde die Fairtrade-Prämie dazu eingesetzt, einen Kindertag zu organisieren, der über Kinderrechte, Kindesschutz und den Zugang zu besserer Bildung aufklärte. Die Maßnahmen überzeugten die lokale Regierung, das Ministerium für Bevölkerungsfragen und UNICEF, das Produzentennetzwerk in das nationale Netzwerk für den Kindesschutz mit aufzunehmen.

Ansätze zur Bekämpfung von Kinderarbeit

Die herausragenden Resultate führten dazu, dass Fairtrade International und Fairtrade Africa drei weitere Kooperativen in das Programm zur Umsetzung des „Integrativen Ansatzes zur Prävention ausbeuterischer Kinderarbeit“ mit aufnahmen. Bei dem Ansatz handelt es sich um ein dreiteiliges Programm, mit dem Ziel, Kinderarbeit zu identifizieren und sofortige Maßnahmen zu ergreifen, in enger Kooperation mit jungen Erwachsenen der jeweiligen Gemeinde.

Von den drei Kooperativen bekundete die Soarano Vanille Kooperative, ihr Interesse, das Programm weiterzuführen, um das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in ihrer Organisation sowie Organisationen in der Nähe zu fördern. Die Generalversammlung der Kooperative stimmte dafür, die Fairtrade-Prämie für weitere Maßnahmen des Präventionsansatzes einzusetzen.

Des Weiteren bildete die Kooperative 34 Vorstandsmitglieder, 26 Frauen und acht Männer aus, die sich mit dem Präventionsansatz vertraut machten und ein Kinderarbeits- und ein Frauenkomitee gründeten. Der gute Kontakt zum nationalen Netzwerk für den Kindesschutz, einem Arm des Ministeriums für Bevölkerungsfragen, ermöglichte weitere Trainings für die Gemeinschaft. Stimmen aus der Kooperative sagten, dass sie viel über Kindesschutz und die Vorteile für die eigene Familie und die Gemeinschaft lernen konnten und nun bereit seien, diesen Weg weiter zu verfolgen. Zudem hat die Kooperative ihre Mitglieder mobilisiert, sich intensiv mit dem Thema der ausbeuterischen Kinderarbeit zu befassen und eine Kampagne ins Leben gerufen, die das Thema offen mit allen Mitgliedern diskutiert.

Jugendliche in den Gemeinden übernehmen Verantwortung

Ein weiteres Schlüsselelement des Präventionsansatzes von Fairtrade sind  Befragungen von Kooperativenmitgliedern zum Thema Kinderarbeit, die durch junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren durchgeführt werden. Im Oktober 2016 wurden die Ergebnisse der Umfrage in der Soarano Vanille Kooperative veröffentlicht. Heraus kam, dass rund 50 Kinder zwischen sechs und acht Jahren nicht zur Schule gehen konnten, weil sie im Haushalt mithelfen und auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen mussten. Mit Hilfe der Fairtrade-Prämie hat die Kooperative nun eine Tagesbetreuung für 50 Kinder aus 47 Haushalten eingerichtet, ein Nähprojekt für Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren gestartet und ein Zimmereiprojekt initiiert.

Laut Anita Sheth ist diese Initiative im madagassischen Vanille-Sektor ein gutes Beispiel für die Entschlossenheit der Produzenten, Kinderarbeit nicht einfach so hinzunehmen, sondern Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Die Produzenten fungieren als Schlüsselakteure, um langfristige Lösungsansätze gegen Kinderarbeit zu entwickeln und umzusetzen. Daher müssten diese noch stärker in Projekte gegen Kinderarbeit mit eingebunden werden, um weltweit nachhaltige und messbare Ergebnisse zu erhalten.