Echte Begeisterung
Als ich das Programm Anfang 2018 besuchte, begann gerade die zweite dreitägige Kurseinheit. Wir bekamen die Gelegenheit mit einigen Student*innen zu sprechen, um zu erfahren, wie der Besuch der Schule ihr Leben verändert hatte. Als der Kurs begann, war ich überwältigt von der unglaublichen Begeisterung und Energie, die mir in dem heißen, feuchten Raum entgegenschlug. Die Schüler – alle im Alter von Mitte zwanzig bis Mitte fünfzig – konnten es kaum erwarten, aufzustehen und mir ihre Geschichten zu erzählen.
Zum Beispiel fühlte sich Madeline, eine 40-jährige Kakaobäuerin mit drei Kindern, nach dem Kurs so sehr gestärkt, dass sie ihre Angst, vor vielen Menschen zu sprechen, besiegte. Sie stellte sich bei einem Treffen der Kooperative vor die anderen Mitglieder und sprach über die Bedeutung von Frauenförderung. Die Genossenschaft erkannte sofort ihre Leidenschaft für das Thema, ernannte sie daraufhin zur Gender-Beauftragten ihrer Gemeinschaft und gab ihr so die Möglichkeit, das Thema weiter voranzutreiben.
Therese dagegen stand vor einem rechtlichen Problem. Ihr Vater starb, als sie noch jung war. Das Land, das rechtlich gesehen ihr gehören sollte, erhielt ihr Onkel. In der ländlich geprägten Elfenbeinküste ist es für Frauen heute immer noch schwierig, eigenes Land zu erben oder zu besitzen. Frauen verlassen die Schule oft frühzeitig und heiraten jung, viele von ihnen unter 18 Jahren. Obwohl die meisten Arbeiten auf dem Hof von Frauen erledigt werden, treffen die Männer weiterhin alle Entscheidungen.
Nach ihrem Training in der „Women’s School of Leadership“ ging Therese zu ihrem Onkel und fragte nach ihrem Grundstück. Er verweigerte. Also ging sie zu dem örtlichen Unterpräfekten, der in solchen Fragen Schiedsverfahren durchführt, und er traf eine Entscheidung zu ihren Gunsten. Sie hat ihr Land zurückbekommen, besitzt nun eine eigene kleine Farm und kann ihr eigenes Geld dazuverdienen.
Nicht nur für Frauen
An dem Kurs nehmen auch Männer teil, die sich mit ihrer Teilnahme darum bemühen, „Gender Champions“ zu werden: Sie tragen durch ihren Einsatz dazu bei, die Vorteile der Gleichstellung von Frauen und ihren positiven Beitrag zur lokalen Wirtschaft in den Gemeinden bekannter zu machen. Sylvain Beugri, leitender Angestellter einer Genossenschaft, ist einer der Männer, mit denen wir sprachen. Er sagte, der Kurs habe seine Einstellung radikal verändert. Nach dem Kurs übernahm er zum Beispiel einfach das Geschirrspülen zu Hause. Mitglieder der Genossenschaft kamen nach ihren Besprechungen oft zu Besuch, sahen, wie er den Abwasch erledigte und sagten: "Dafür bist du nicht gemacht, das ist Frauenarbeit!" Sylvain berichtet weiter: "Ich habe sie gefragt, warum Männer das nicht machen können und sie konnten es mir nicht erklären.“ Das unterstreicht, dass oftmals die einfache Frage nach dem „Warum“ zu kleinen Veränderungen führen kann, die große Unterschiede im Leben der Menschen bewirken.