Verbindliche Maßnahmen gegen Kinderarbeit – Niederlande zeigen, dass es geht

Neues Gesetz zur Fürsorgepflicht gegen ausbeuterische Kinderarbeit in den Niederlanden setzt Trend zu verbindlichen Verpflichtungen fort. Deutschland sollte sich ein Beispiel nehmen.

Sitzungssaal des niederländischen Senats: Foto. © Corne Bastiaansen

Am 1. Januar 2020 tritt in den Niederlanden ein neues Gesetz gegen ausbeuterische Kinderarbeit in Kraft. Foto: © Corne Bastiaansen

Weltweit sind 152 Millionen Kinder Opfer von ausbeuterischer Kinderarbeit. Im Rahmen der UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals - SDGs) haben sich die Vereinten Nationen darauf geeinigt, ausbeuterische Kinderarbeit in all ihren Formen bis 2025 ein Ende zu setzen. Die Niederlande haben letzte Woche einen wichtigen Schritt zur Erreichung dieser Zielen getan, indem sie ein Gesetz beschlossen, das Unternehmen dazu verpflichtet, das Thema Kinderarbeit in ihren Lieferketten zu verfolgen und zu bekämpfen.

Die Wirksamkeit und Reichweite des Gesetzes, das am 1. Januar 2020 in Kraft treten wird, hängt nun noch von der weiteren Ausgestaltung der Gesetzeselemente durch die Regierung ab.

Die niederländische NRO Plattform begrüßt, dass mit dem neuen Gesetz Wettbewerb unter gleichen Rahmenbedingungen („level playing field“) stattfinden kann und schlägt Sektor-Kooperationen als Weg vor, um die Vorgaben zu erreichen.   

Trend zu gesetzlichen Reglungen setzt sich fort

Damit setzen die Niederlande einen Trend fort – weg von freiwilligen, hin zu verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen.

Im Jahr 2015 wurde in Großbritannien der Modern Slavery Act eingeführt, der große Unternehmen verpflichtet, über Risiken für moderne Formen der Sklaverei entlang ihrer gesamten Handelskette zu berichten. Zudem müssen sie darlegen, welche Schritte sie ergriffen haben, um diese Risiken zu bewerten und zu handhaben.

2017 erließ Frankreich das Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten (Loi relative au devoir de vigilance des sociétés mères et des entreprises donneuses d'ordre). Es verpflichtet große Unternehmen zur Erstellung und Durchführung eines Sorgfaltsplans. In diesem Plan sind die Maßnahmen aufgeführt, die ergriffen werden, um das Auftreten von Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihrem Einflussbereich zu verhindern:  in ihrem Unternehmen, in den von ihnen kontrollierten Unternehmen und bei Subunternehmern und Lieferanten. Verletzungen dieser Pflicht können mit einem Bußgeld von bis zu zehn Millionen Euro geahndet werden. Das Gesetz wird in seiner Tragweite für den Bereich Wirtschaft und Menschenrechte als bislang einzigartig bezeichnet.

Deutschland muss nachziehen

In Gegensatz dazu beruht der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) in Deutschland bisher auf Freiwilligkeit. Dies wurde zu Recht vom UN-Sozialausschuss und der deutschen Fair-Handels-Bewegung kritisiert. Aktuell bemüht sich jedoch Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller darum, Kinderarbeit in globalen Lieferketten ein Ende zu setzen: Im März 2019 verkündete das Bundesentwicklungsministerium zum 100. Geburtstag der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), dass das Ministerium und die ILO ihre Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Kinderarbeit, der Einhaltung grundlegender Arbeitsstandards in globalen Lieferketten und für bessere Beschäftigungsmöglichkeiten für die jungen Menschen vor Ort verstärken wollen.

TransFair setzt sich für verbindliche Menschenrechtsfürsorgepflichtgesetze für Unternehmen ein, wie es schon in unseren politischen Forderungen festgehalten ist.

Hintergründe und Inhalt des neuen niederländischen Gesetzes zur Verhinderung von ausbeuterischer Kinderarbeit in den Lieferketten

Die Sorgfaltspflicht nach diesem Gesetz bedeutet zunächst, zu prüfen, ob ein begründeter Verdacht besteht, dass die zu liefernden Waren und Dienstleistungen mit ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurden. Für die Qualität dieser Bewertung verweist das Gesetz auf die kürzlich veröffentlichte "Child Labour Guidance for Business" der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Internationalen Arbeitgeberorganisation. Dieser Leitfaden wiederum basiert auf den UN Guiding Principles on Business and Human Rights (UNGPs). Die Untersuchung muss sich auf Quellen konzentrieren, die hinreichend bekannt und zugänglich sind.

Ergibt die Untersuchung, dass eine begründete Vermutung besteht, dass Kinderarbeit zu dem Produkt oder der Dienstleistung beigetragen hat, wird von dem Unternehmen erwartet, dass es einen Aktionsplan in Übereinstimmung mit internationalen Leitlinien (UNGPs oder den OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen) erstellt, um diese Auswirkungen zu verhindern. Es wird nicht erwartet, dass das Unternehmen eine Garantie dafür bietet, dass keine Kinderarbeit in den Lieferketten vorkommt. Vielmehr soll sich das Unternehmen dafür einsetzen, Präventivmaßnahmen einzuleiten, um Kinderarbeit zu verhindern, denn in diesem Gesetz geht es nicht um Meldepflichten, sondern um die obligatorische Sorgfaltspflicht.