Mit fairen Rosen für Frauenrechte
Bereits jede dritte verkaufte Rose in Deutschland trägt das Fairtrade-Siegel. Doch fair gehandelte Rosen stehen für mehr als faire Arbeitsbedingungen und bessere Löhne – sie stehen für den Kampf um mehr Geschlechtergerechtigkeit im globalen Süden.
Geschlechterdiskriminierung, mangelnder Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie niedrige Löhne sind einige der Probleme, mit denen Frauen in den Ländern des globalen Südens zu kämpfen haben. Rollenklischees erschweren berufstätigen Frauen weltweit die Karriereleiter hinaufzusteigen – auch heute noch. Dass es anders geht, zeigen Anne, Rebecca und Carol, die bei der Fairtrade-zertifizierten Blumenfarm Shalimar Flowers in Kenia beschäftigt sind.
Anne Abuke: „Heute erzähle ich jungen Müttern, wie weit wir gekommen sind.“
Vor 28 Jahren begann Anne als Hilfsarbeiterin bei Shalimar, heute ist die 48-Jährige verantwortlich für die Einhaltung der Hygienevorschriften auf der Blumenfarm. Die sechsfache Mutter erinnert sich noch lebhaft daran, wie schwierig die Situation früher für junge Mütter war: „Damals, in den 90er Jahren, kehrten die Frauen nach der Entbindung innerhalb einer Woche oder weniger zur Arbeit zurück. Wir hatten keinen Mutterschaftsurlaub und wurden für die Zeit, in der wir schwanger waren oder uns von der Geburt erholen mussten, nicht bezahlt. Wir hatten keine Wahl. Wir mussten so schnell wie möglich wieder arbeiten, denn wenn wir zu Hause blieben, hatten wir kein Geld, um uns um unsere Familien zu kümmern“.
Im Jahr 2003 zeichnete sich ein Wandel ab. Die Beschäftigten begannen, sich gewerkschaftlich zu organisieren und konnten erste Maßnahmen einführen, die ihre Situation auf der Farm verbesserten. Im selben Jahr wurde Anne als Arbeitnehmervertreterin in die Gewerkschaft gewählt. 2004 wurde die Blumenfarm Fairtrade-zertifiziert.
Fortan setzte sich Anne energisch für die Belange der Arbeiterinnen ein. Die Einführung einer „Green Card“ für stillende Mütter war zu großen Teilen Annes Verdienst: „Sie zeigten die Karte am Tor zur Farm vor und erhielten damit eine Stunde Pausenzeit zusätzlich zur Mittagspause, um ihre Kinder zu stillen.“ Als Anne 2008 ihr letztes Kind bekam, konnte sie die Früchte ihrer Bemühungen voll auskosten: „Ich machte eine bezahlte Pause von drei Monaten, bevor ich wieder arbeiten ging. Das war noch nie passiert! Heute erzähle ich jungen Müttern, wie weit wir gekommen sind. Sogar männliche Kollegen bekommen nun einen 15-tägigen Vaterschaftsurlaub.“
Rebecca Amoth: „Frauen können viel erreichen, wenn man ihnen die Möglichkeit gibt.“
Rebecca kam 2011 als Arbeiterin zu Shalimar Flowers. Seit 2018 leitet sie als Supervisorin zwei Gewächshäuser, trägt Verantwortung für die Pflege der Pflanzen und die Produktionsziele ihres Bereichs. Aber auch um das Wohl und die Gesundheit der Arbeiter*innen kümmert sich Rebecca: Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig dies für den Zusammenhalt und den Erfolg des gesamten Unternehmens ist.
Neben ihrer Tätigkeit bei Shalimar hat sich Rebecca im Laufe der Jahre ein zweites berufliches Standbein geschaffen: „Durch eine von der Fairtrade-Prämie geförderte Ausbildung habe ich gelernt, Kleider zu entwerfen und zu schneidern. Jetzt stelle ich nebenbei Kleidung her und verkaufe sie.“ Von dem zusätzlich verdienten Geld hat sich Rebecca drei Nähmaschinen gekauft. „Die Maschinen sind sozusagen meine Altersvorsorge“, erklärt sie. „Ich möchte nach meiner Zeit hier auf Shalimar mein eigenes Geschäft führen.“ Der Zugang zu zinslosen Krediten gibt Frauen wie ihr die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen, ihr eigenes Geld zu erwirtschaften und ein unabhängiges Leben zu führen.
Rebecca ist überzeugt davon, dass Frauen das Potenzial haben, viel zu erreichen, wenn man ihnen nur die Möglichkeit dazu gibt. „Es gibt Leute, die uns schikanieren und behaupten, dass wir es nicht schaffen oder keine große Verantwortung übernehmen können. Aber wenn die Menschen diese Einstellung ändern und Frauen unterstützen, können wir zusammen viel erreichen.“