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Niedrige Kaffeepreise bedrohen Existenz von Kaffeebauern

Fairtrade fordert mehr Nachhaltigkeits-Engagement der Kaffeeindustrie / TransFair e.V. treibt die Abschaffung der Kaffeesteuer in Deutschland weiter voran.

frischer Kaffeee, direkt nach der Ernte | Kolumbien

Fairtrade schützt Kleinbauernkooperativen vor den starken Preisschwankungen auf dem Weltmarkt mit dem festgelegten Mindestpreis. Bild: Sean Hawkey

Der Weltmarktpreis für Kaffee hat einen dramatischen Tiefpunkt erreicht: Der Preis für ein Pfund Arabica-Kaffee (454 Gramm) ist im September unter die kritische Grenze von einem US-Dollar gefallen. Die Gründe für den starken Preisverfall sind vielfältig: neuartige Wetten und Spekulationen an der New Yorker Börse, eine Rekordernte in Brasilien sowie ungünstige Wechselkurse bewirken das Dauertief. „Kaffeebauern weltweit sind dem starken Preisabsturz hilflos ausgesetzt. Jetzt nicht zu handeln, ist keine Option“, sagte Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von TransFair e.V., anlässlich des Internationalen Tag des Kaffees am 1. Oktober. „Es ist höchste Zeit, dass die internationale Kaffeeindustrie Verantwortung übernimmt und ihre Preispolitik anpasst.“

Nachhaltigkeitsinitiativen und Kaffeebauernverbände der zwei größten Exportnationen Brasilien und Kolumbien schlagen Alarm: Die aktuellen Kaffeepreise liegen weit unter den Produktionskosten. Es sind vor allem die 25 Millionen kleinbäuerliche Bertriebe weltweit, die unter dem niedrigen Weltmarktpreis leiden. Sie bauen insgesamt 70 Prozent des weltweit gehandelten Kaffees an.

Auch der Präsident von Honduras hat diese Woche die unfairen Kaffeepreise und die Armut der Kaffeebauern vor den Vereinten Nationen beklagt. Die niedrigen Preise stellen für Millionen Kaffeebauernfamilien weltweit eine existenzielle Bedrohung dar. „Kaffee ist billiger als je zuvor, die Landwirte und die Umwelt zahlen den Preis“, kommentierte Dieter Overath die katastrophale Situation. „Den Kaffeebauern muss ein gewisses Einkommen garantiert werden, damit sie ihr Geschäft weiterführen können.“

Fairtrade bietet Sicherheit mit Mindestpreis und Prämie

Fairtrade schützt Kleinbauernkooperativen vor den starken Preisschwankungen auf dem Weltmarkt mit dem festgelegten Mindestpreis. Für ein Pfund Arabica-Kaffee bekommen Fairtrade-Kooperativen 1,40 US-Dollar zuzüglich der Fairtrade-Prämie von 0,20 US-Dollar ausgezahlt. Weitere 0,30 US-Dollar kommen bei biologischem Anbau dazu. Der Fairtrade-Mindestpreis deckt die durchschnittlichen Produktionskosten für einen nachhaltigen Kaffeeanbau und wird in regelmäßigen Abständen überprüft und angepasst. „Derzeit ist der Fairtrade-Mindestpreis für viele Kaffeekooperativen ein Rettungsanker. Jedoch brauchen die Fairtrade-Produzentinnen und -Produzenten stabile und steigende Absätze, damit Mindestpreise und Prämien wirken“, erklärt Overath.

Fair gehandelten Kaffee fördern: Die Kaffeesteuer in Deutschland abschaffen

In Deutschland ist Kaffee weiterhin der Spitzenreiter im Verkauf fair gehandelter Produkte. Der Marktanteil von Fairtrade-Kaffee liegt jedoch nur bei 4,1 Prozent. Um das zu ändern, braucht es bessere ordnungspolitische Rahmenbedingungen. TransFair e.V. fordert die Bundesregierung auf, die Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee abzuschaffen und so den nachhaltigen Konsum zu fördern. Die Kaffeesteuer kostet Verbraucher in Deutschland zusätzlich zur Mehrwertsteuer 2,19 Euro pro Kilo Röstkaffee. Die Abschaffung käme damit sowohl den Konsumenten zugute als auch den Produzentinnen und Produzenten im globalen Süden, nämlich durch höhere Absätze über den fairen Handel. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller unterstützt die Forderung zur Abschaffung der Kaffeesteuer öffentlich.
 

Zukunft des Kaffees mit nachhaltigem Anbau sichern

Die Förderung nachhaltigen Kaffeeanbaus ist zwingend notwendig, um die Zukunft des Kaffees zu sichern. Während die Nachfrage nach Kaffee in den Industrieländern steigt, sehen sich Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern zusätzlich zu den katastrophalen Marktpreisen mit den großen Herausforderungen des Klimawandels konfrontiert. So erfordern beispielsweise Ernteausfälle aufgrund starker Regenfälle und Überschwemmungen oder die Eindämmung sich verbreitender Pflanzenkrankheiten aufgrund steigender Temperaturen zusätzliche Investitionen in den Kaffeeanbau. Eine Studie des Climate Institute aus dem Jahr 2016 kam zu dem Schluss, dass der Klimawandel die für die Kaffeeproduktion geeigneten Anbauflächen bis 2050 um 50 Prozent reduzieren wird, wenn keine drastischen Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase eingeleitet werden. Kaffeeproduzenten müssen ihre Praktiken an neue klimatische Bedingungen und unberechenbare Wetterbedingungen anpassen oder riskieren, ihren Lebensunterhalt zu verlieren. 

Fairtrade berät Kaffeekooperativen, ihre Anbaupraktiken an den Klimawandel anzupassen. Integrierter Pflanzenschutz, Vermeidung von Bodenerosion, Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, nachhaltige Abfallwirtschaft und Reduzierung von Treibhausgasemissionen werden gefördert. „Nachhaltigkeit gibt es nicht um jeden Preis“, erläutert Dieter Overath. „Ein Teil der Einnahmen muss in Investitionen in ihre Kaffeefelder laufen, damit auch junge Menschen ein attraktives Arbeitsumfeld vorfinden und sich nicht von dem landwirtschaftlichen Beruf abwenden.“

Zahlen und Fakten zu Fairtrade-Kaffee

In Deutschland ist der Absatz von Fairtrade-Kaffee 2017 um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 10.000 Tonnen Röstkaffee gestiegen. Der Marktanteil von Fairtrade-Kaffee auf dem deutschen Markt liegt bei 4,1 Prozent. Weltweit gesehen verkauften 2016 rund 800.000 Kaffeebäuerinnen und -bauern 185.777 Tonnen Kaffee zu Fairtrade-Bedingungen. 2016 flossen 74 Millionen Euro an Fairtrade-Prämieneinnahmen von Kaffeekooperativen in 30 Anbauländern in soziale Gemeinschaftsprojekte und Investitionen in den nachhaltigen Kaffeeanbau. Heute bauen 537 Kleinbauernorganisationen in 30 Ländern weltweit Kaffee nach Fairtrade-Standards an, sie produzieren fast 550.000 Tonnen Fairtrade-Kaffee.