Zukunftsfähig nach Corona: Fairness entlang der ganzen Kette

Fachforum Nachhaltigkeit und Initiative Lieferkettengesetz fordern Konsequenzen aus der Krise

Näherin mit Mundschutz in orangener Arbeitskleidung an der Nähmaschine

In der Corona-Krise hat sich die Fragilität globaler Lieferketten auf dramati-sche Weise gezeigt. Foto: © ILO/Nguyễn Việt Thanh

Es braucht Taten statt nur Worte, um eine nachhaltige Zukunft zu ermöglichen. Darin sind sich das Fachforum Nachhaltigkeit NRW, zu dem auch Fairtrade Deutschland gehört, und die Initiative Lieferkettengesetz einig. Beide Organisationen rufen dringend dazu auf, auf eine sozial und ökologisch nachhaltige Zukunft hin zu arbeiten.

Der Weg zu einer ökologisch und sozial nachhaltigen Zukunft

Krisenzeiten wie die aktuelle Pandemie haben oft zwei Gesichter: Zum einen bringen sie unerwartete Herausforderungen mit sich, bedrohen das gesellschaftliche Zusammenleben und fordern zahlreiche Menschenleben. Krisen können aber gleichzeitig Wandel und die Entstehung neuartiger Gesellschaftsentwürfe befördern. Die aktuelle Gesundheitskrise wird tiefe Spuren in unserem Leben hinterlassen und schon jetzt brechen sich zahlreiche Ideen, Forderungen und Pläne für die Zeit nach Corona die Bahn. Es scheint, die Krise hat den politischen Ideenreichtum wiederbelebt.

Fatale Folgen der Corona-Krise entlang der globalen Lieferketten

Dennoch entsteht zurzeit der Eindruck, dass transnationale Unternehmen ihre Verluste aus der Corona-Krise auf die schwächsten Glieder in den globalen Lieferketten abwälzen – mit fatalen Folgen für die Beschäftigten im globalen Süden. Das zeigt das aktuelle Briefing der „Initiative Lieferkettengesetz“ am Beispiel des Textilsektors. Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert von der Bundesregierung, deutsche Unternehmen noch in dieser Legislaturperiode per Gesetz zur Achtung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu verpflichten.

„Die Krise trifft uns in Deutschland schwer. Doch noch viel härter trifft es Menschen am Anfang der Lieferketten, die keine soziale Absicherung haben. Die Bundesregierung darf nicht zulassen, dass deutsche Unternehmen das auch noch befeuern. Statt auf ‚Moral Distancing‘ zu setzen, muss sie jetzt ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen und Unternehmen zu verantwortungsvollem Handeln verpflichten!“, fordert Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz.

Die Initiative Lieferkettengesetz kritisiert in ihrem Briefing den Umgang zahlreicher deutscher und europäischer Modekonzerne mit ihren Zulieferern in Bangladesch, Pakistan, Kambodscha oder Myanmar: Seit Beginn der Corona-Krise haben die Unternehmen aus dem globalen Norden Bestellungen in Milliardenhöhe storniert und verweigern zum Teil die Zahlung selbst für bereits produzierte Textilien.

Soziale Ungleichheiten nicht reproduzieren

Das Fachforum Nachhaltigkeit (FFN) hat ein Post-Corona Memorandum veröffentlicht, das sieben konkrete Anhaltspunkte zur Neugestaltung nachhaltiger und verantwortlicher Entscheidungen liefert: Gelder aus den Konjunkturpaketen sollten so verwendet werden, dass bestehende soziale Ungleichheiten nicht weiter reproduziert werden. Soziale Gerechtigkeit sollte zur „neuen“ Normalität werden – eine Normalität, die in einem Sozialstaat längst gelten sollte. Diese Solidarität ist sowohl national als auch global gefordert. Der Wiederaufbau der Lieferketten darf nicht in ausbeuterische Verhältnisse gegenüber den Rohstoff- und Produktionsnationen zurückfallen. Dazu gehört auch die Umsetzung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen.

Klimaschutz für ein neu ausgerichtetes System

Das FFN fordert eine wirtschaftliche Neuausrichtung des Systems mit einem deutlichen Fokus auf Nachhaltigkeit. „Nachhaltigkeit ist systemrelevant und muss politisch entsprechend umgesetzt werden“, heißt es in dem vierseitigen Dokument. Anstatt also wie vor der Krise alle Kräfte und Maßnahmen auf Profite zu richten, braucht es eine gerechte, ökologisch und sozial ausgerichtete Marktwirtschaft. Natur- und Artenschutz sollen als Lebensgrundlage des Menschen zentral in politischen Entscheidungen verankert werden. Konkret beinhaltet diese Vorstellung beispielsweise den Ausbau erneuerbarer Energien auf 75% des Gesamtverbrauchs.

Unterstützung für gemeinnützige Akteure

Um Ideen von nachhaltigen Projekten und sozialer Zusammenarbeit auch konkrete Wirklichkeit werden zu lassen, bedarf es letztendlich der Arbeit von Kommunen, Vereinen und sozialer Unternehmen. Um diese zu schützen und handlungsfähig zu halten, braucht es dringend einen Schutzschirm, der Engagierte finanziell entlastet. Dadurch sollen in finanziell unsicheren Zeiten Projekte am Leben gehalten und die Arbeit der Initiativen fortgesetzt werden können.