Tag der Menschenrechte: Kindesschutz systematisch anpacken

Eine neue Studie untersucht verschiedene Systeme, die Kinderarbeit aufspüren, beheben und verhindern sollen. Fairtrade fordert: Verantwortung und Kosten für Maßnahmen zum Kindesschutz müssen fair verteilt werden.

Das Foto zeigt Kinder im Ort Gbelie, Côte d'Ivoire. Die Schule wurde mithilfe von Fairtrade-Prämiengeldern gebaut. Sichere Orte, eine Schule in der Nähe, ihre eigene Meinung kundtun - wichtige Aspekte, um das Wohl von Kindern zu schützen Eine aktuelle Fairtrade-Studie untersuchte Systeme, die dazu beitragen, Kinderarbeit vorzubeugen, sie aufzufinden und abzubauen. Foto: Fairtrade / Abbas Makke

160 Millionen. Das ist nach Angaben der Vereinten Nationen die geschätzte Zahl der Kinder, in ausbeuterischer Kinderarbeit weltweit. Eine erschreckende Zahl, die in den letzten vier Jahren sogar gestiegen ist, um 8,4 Millionen. Und eine Zahl, der die COVID-19-Pandemie als die aktuell wohl größte Hürde für den Kampf gegen Kinderarbeit gegenübersteht, da sie den Zugang der Kinder zu Bildung, Gesundheitsdiensten, Nahrung und Schutz einschränkt. 

Kinderrechte sind Menschenrechte und stehen durch die UN-Kinderrechtskonvention unter besonderem Schutz. Das Jahr 2021, in dem die Weltgemeinschaft das Internationale Jahr zur Beseitigung der Kinderarbeit begeht, stellt auch einen entscheidenden Moment dar, um einzufordern, die Bemühungen zur Beseitigung von Kinderarbeit zu verstärken. Die Landwirtschaft im globalen Süden, etwa bei Rohstoffen wie Baumwolle, Kakao oder Zucker, gehört zu den Bereichen mit häufigen Fällen.

„Um Kinder besser vor schädlicher Arbeit zu schützen, ist es entscheidend, dass wir die Systeme verstehen, die vor Ort genutzt werden, um diese zu verhindern, aufzudecken und zu beseitigen", erklärte Anita Sheth, Senior Advisor for Social Compliance and Development bei Fairtrade International.

Fairtrade hat eine Studie in Auftrag gegeben, um zwei verschiedene Systeme zur Überwachung und Beseitigung von Kinderarbeit zu untersuchen. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Arbeit von Fairtrade zur Vermeidung und Bekämpfung von Kinderarbeit und sollen laut Sheth „allen Beteiligten zugutekommen - von den Bauernkooperativen und Regierungen bis hin zu Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen.“

Untersucht wurden zwei Systeme, die von Kooperativen eingesetzt werden, um Kinderarbeit aktiv zu bekämpfen:

Das sogenannte Interne Kontrollsystem überwacht die Einhaltung spezifischer Kontrollpunkte im Zusammenhang mit Standards und Gesetzen und konzentrieren sich auf alle landwirtschaftlichen Aktivitäten. Dieses System bezieht bei Bedarf Handelspartner mit ein. 

Im Unterschied dazu deckt das Fairtrade Youth-Inclusive Community-Based Monitoring and Remediation (YICBMR)-System sowohl Bereiche der landwirtschaftlichen Produktion als auch die breitere Gemeinschaft ab. Es bezieht Fairtrade- und Nicht-Fairtrade-Farmen – einschließlich der Jugendlichen selbst – aktiv mit ein und bindet staatliche Stellen, Unternehmen und die Zivilgesellschaft ein, um Informationen auszutauschen und Maßnahmen zu ergreifen.

Sinnvolle Systeme mit verschiedenen Schwerpunkten

Für die Studie wurden mehr als 180 Produzent*innen und 122 Gemeindemitglieder, darunter auch Kinder, aus vier Ländern – Indien, Ghana, Belize und der Dominikanischen Republik – befragt oder nahmen an Fokusgruppendiskussionen teil. Außerdem wurden verschiedene Akteur*innen des Fairtrade-Systems befragt, die am Fairtrade-Zertifizierungsprozess oder an der Unterstützung der Produzenten vor Ort beteiligt sind.

Das Ergebnis: Beide Systeme sind zwar für ihren vorgesehenen Anwendungsbereich wirksam. Das YICBMR-System wurde jedoch in vielerlei Hinsicht als effektiver angesehen, u. a. bei der Suche nach Kindern, die gefährlicher Arbeit ausgesetzt sind, und dabei, Gemeinden, Regierungen und jungen Menschen selbst aktiv einzubinden.

Kosten und die Verantwortung für die Abschaffung von Kinderarbeit fair verteilen

„Was wir aus dieser Studie gelernt haben, ist, dass das YICBMR, also ein Überwachungs- und Abhilfesystem, das junge Menschen integriert und in den Gemeinden angesiedelt ist, zu Beginn besser erklärt werden sollte. So können die Genossenschaften, Bäuerinnen und Bauern besser verstehen, dass die letzte Phase dieses Systems in die nationalen Aktionspläne der Regierungen zur Beseitigung von Kinderarbeit gehört. Dieser Ansatz beruht auf dem Verständnis, dass die Bäuerinnen und Bauern nicht die einzigen sein sollten, die für die Kosten eines Überwachungs- und Abhilfesystems für Kinderarbeit verantwortlich sind“, erklärt Anita Sheth.

„Alle Akteure in der Lieferkette sollten sich an den Kosten beteiligen, und die Regierungen müssen ihren Teil dazu beitragen, indem sie ihre Gesetze gegen Kinderarbeit durchsetzen und Leitlinien für Abhilfemaßnahmen und Regulierungsstandards aufstellen. Diese Maßnahmen sollten obligatorisch sein, wenn es uns ernst mit der langfristigen Verhinderung von Kinderarbeit ist.“

Das vollständige Interview mit Anita Sheth anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte, in dem Sie die Ergebnisse der Studie erläutert und weitere Hintergrundinformationen über den Kampf von Fairtrade gegen Kinderarbeit gibt, finden Sie hier (auf Englisch).