Strengere Kriterien, mehr Mitsprache: Fairtrade-Teestandard überarbeitet

Gemeinsam mit Stakeholdern hat Fairtrade seinen Standard für Tee überarbeitet. Vor allem junge Menschen und Frauen sollen künftig stärker geschützt werden.

Teepflückerinnen bei der Ernte auf einer Fairtrade-zertifizierten Plantage.

In vielen Anbauregionen, vor allem in Indien und Sri Lanka, sind die kolonialen Strukturen der Vergangenheit noch immer deutlich spürbar. Bild: Luca Rinaldin / Fairtrade.

Tee zählt, neben Kaffee, zu den beliebtesten Heißgetränken in Deutschland. Etwa 68 Liter Tee trinken Verbraucher*innen im Durchschnitt pro Jahr – etwas mehr als eine Tasse pro Tag. Obwohl viele Teesorten wie Rooibos, Darjeeling, Assam oder Ceylon auf die Herkunft des Tees verweisen, wissen Verbraucher*innen oft nur wenig über die Bedingungen in den Teegärten. In vielen Anbauregionen, vor allem in Indien und Sri Lanka, sind die kolonialen Strukturen der Vergangenheit noch immer deutlich spürbar.

Fairtrade setzt sich für bessere Bedingungen für Kleinbauernfamilien und für Teepflücker*innen ein. Die Unterbringung der Beschäftigten sowie die Unwissenheit über die eigenen Rechte sind jedoch Herausforderungen für die ganze Branche, von denen auch der faire Handel nicht ausgenommen ist. Um diese anzugehen, hat Fairtrade seinen Produktstandard für Tee überarbeitet.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Um Arbeiter*innen auf Plantagen mehr Mitsprache zu ermöglichen, müssen zertifizierte Betriebe künftig ein Compliance Committee aus Arbeitnehmervertreter*innen einrichten. Darüber hinaus müssen sie Beschäftigte aktiv über die Anforderungen der Fairtrade-Standards aufklären.
  • Zudem gibt es strengere Vorgaben für die Unterbringung der Beschäftigten sowie für Sanitär- und Wascheinrichtungen. Plantagen dürfen ihren Arbeiter*innen nur dann Unterkünfte zur Verfügung stellen, wenn sie auch für saubere und funktionierende Sanitäranlagen sorgen. Die Unterbringungs- und Arbeitsbedingungen sollen einmal im Jahr durch die unabhängige Zertifizierungsgesellschaft FLOCERT bewertet und die Ergebnisse anschließend mit dem Fairtrade Compliance Committee geteilt werden.
  • Fairtrade verbietet Geschlechterdiskriminierung und Zwangsarbeit. Um Verstöße gegen die Standards zu vermeiden, müssen Unternehmen entsprechende Überwachungs- und Abhilfesysteme schaffen. Wo interne Programme und Ansätze nicht ausreichen, sollen lokale Expertenorganisationen die Betriebe bei der Umsetzung unterstützen.
  • Um junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren vor zu harter Arbeit und Ausbeutung zu schützen, müssen Plantagen künftig legale Beschäftigungsmöglichkeiten in Form von leichten Arbeiten schaffen. Dadurch soll verhindert werden, dass Heranwachsende harter körperlicher Arbeit nachgehen müssen. Für gleiche Arbeit erhalten Jugendliche den gleichen Lohn wie Erwachsene. Übermäßig lange Arbeitszeiten, Nachtarbeit oder der Umgang mit giftigen Chemikalien sind untersagt.
  • Eine weitere Veränderung sind strengere Kriterien bezüglich der Vertrags- und Beschäftigungsbedingungen. Demnach haben selbst kurzzeitig Beschäftigte Anspruch auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag – sofern sie an sechs aufeinanderfolgenden Tagen oder an mindestens zehn Tagen im Monat auf der Plantage arbeiten.
  • Außerdem fordert der neue Standard mehr Transparenz: Sowohl Kleinbauernfamilien als auch Plantagen dürfen sich künftig über einen besseren Informationsfluss freuen. Das gilt vor allem für Tee, der zwar von Fairtrade-zertifizierten Betrieben stammt, allerdings zu konventionellen Bedingungen eingekauft und anschließend als Fairtrade-Ware weiterverkauft wird. Sogenannte Retrozertifizierungen müssen demnach transparenter dokumentiert werden. Innerhalb von fünf Tagen sollen Produzent*innen über den Weiterverkauf informiert werden.

Trotz der Neuerungen bleibt die Lohnsituation eine der größten Herausforderung im Teesektor – insbesondere in der Anbauregion Assam. Zum einen, weil Löhne im Anbauland Indien staatlich reguliert sind und zum anderen, weil lokale Gegebenheiten und Strukturen die Anhebung des Lohnniveaus seit Jahren erschweren. Um mehr Druck auf die Industrie auszuüben, muss der Marktanteil von Fairtrade-Tee deutlich steigen. Noch verkaufen viele Plantagen lediglich einen Teil ihrer Ernte zu Fairtrade-Bedingungen. Für eine Verbesserung der Einkommenssituation setzt sich Fairtrade daher auf unterschiedlichen Ebenen für Produzent*innen ein: in Stakeholder-Initiativen, in Gremien und bei Verbraucher*innen.