Jahresbericht des Forum Fairer Handel

Das Forum Fairer Handel veröffentlicht seinen Jahresbericht mit einigen interessanten Zahlen zur Entwicklung des Marktes für fair gehandelte Produkte.

Berlin, 17.07.2019

Das Forum Fairer Handel (FFH) veröffentlichte heute seine aktuellen Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2018. Demzufolge gaben im Geschäftsjahr 2018 gaben die Verbraucher*innen in Deutschland 1,7 Milliarden Euro für Produkte aus fairem Handel aus. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs von 15 Prozent. Der Großteil der fair gehandelten Produkte trägt das Fairtrade-Siegel.

Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich der Umsatz im fairen Handel mehr als verdoppelt, so das FFH. „Diese positive Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin geschätzte 99 Prozent des Handels nicht fair sind. Dieser geht noch viel zu häufig zu Lasten von Mensch und Umwelt“, erklärt Manuel Blendin, Geschäftsführer des Forum Fairer Handel. Das betrifft insbesondere Kleinbäuer*innen und deren Familien im Globalen Süden., aber auch die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland und Europa.

Laut dem FFH gaben die Verbraucher*innen in Deutschland in 2018 pro Kopf durchschnittlich 20,50 Euro für faire Lebensmittel, Textilien und Handwerksprodukte aus. Mit 1,36 Milliarden Euro trugen Produkte mit dem klassischen Fairtrade-Produktsiegel den größten Anteil zum Gesamtumsatz bei. Die anerkannten Fair-Handels-Unternehmen vertrieben im vergangenen Jahr fair gehandelte Waren im Wert von 209 Millionen Euro. Sie sind ausschließlich im fairen Handel tätig und folgen mit ihrer Unternehmenspolitik seinen international definierten Grundsätzen. In den Weltläden, den Fachgeschäften des Fairen Handels, wurden Waren im Wert von 78 Millionen Euro verkauft.

Umsatzstärkstes Produkt mit ungewisser Zukunft: der Kaffee

Mit einem Anteil von 32 Prozent ist Kaffee weiterhin das umsatzstärkste Produkt im fairen Handel. Im Geschäftsjahr 2018 ist der Absatz von fairem Röstkaffee in Deutschland um neun Prozent gewachsen. Damit stammt jede zwanzigste Tasse Kaffee, die in Deutschland getrunken wird, aus fairem Handel. Wie weit der Weg zu gerechten Handelsstrukturen dennoch ist, verdeutlicht die prekäre Situation der Kaffeeproduzent*innen weltweit. Angesichts von Niedrigpreisen auf dem Weltmarkt, können über die Hälfte von ihnen im konventionellen Handel nicht einmal ihre Produktionskosten decken. Die Situation für Kaffeeproduzent*innen ist schon seit Jahrzehnten angespannt, hat sich im vergangenen Jahr jedoch noch einmal deutlich verschlechtert. Das hat zum einen mit den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu tun. Zum anderen sorgte ein weltweiter Produktionsanstieg – getrieben durch steigende Erträge in Anbauländern wie Brasilien und Vietnam – für einen Verfall des Börsenpreises. Die Preisschwankungen werden durch Spekulationen auf den Kaffeepreis potenziert. Vor diesem Hintergrund geben immer mehr Produzent*innen den Kaffeeanbau auf und sehen Migration als einzigen Ausweg.

„Während sich die Produzent*innen in einer existenziellen Krise befinden, streichen die großen Röster und Händler mit Kaffee stetig wachsende Gewinne ein“, erklärt Manuel Blendin. Das ist leider keine neue Entwicklung: Die Studie <link https: www.forum-fairer-handel.de fileadmin user_upload dateien publikationen materialien_des_ffh _blank external-link-new-window internal link in current>„Kaffee: Eine Erfolgsgeschichte verdeckt die Krise“ belegt, dass die Wertschöpfung bei Röstern und Händlern in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren um 139 Prozent stieg, während sie in den Produktionsländern um zehn Prozent gesunken ist. Diese Ungerechtigkeit kann nicht allein durch informierte Verbraucher*innen und deren Konsumverhalten gelöst werden. Systemische Probleme brauchen politische Lösungen. „Deshalb setzen wir uns in Deutschland für die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee ein“, erklärt Manuel Blendin mit Blick auf die Bundesregierung. Doch damit möglichst viele Kaffeeproduzent*innen bessere Bedingungen erhalten, braucht es zudem übergreifende gesetzliche Regelungen. 

Süße Frucht, bittere Realität: Die Banane

In punkto Absatz belegen weiterhin Bananen den ersten Platz im Fairen Handel. Mit rund 95.000 Tonnen haben sie in Deutschland einen Marktanteil von rund 14 Prozent erreicht. Doch dieser positiven Entwicklung steht der harte Preiskampf entgegen, den sich die Lebensmitteleinzelhandels-Riesen um die Lieblingsfrucht der Deutschen liefern. Produzent*innen, die ihre Bananen zu Fairtrade-Konditionen oder an Fair-Handels-Unternehmen wie BanaFair verkaufen, profitieren von besseren Preisen und verlässlichen Handelspartnerschaften. Für die Mehrheit der Bananenproduzent*innen und Plantagenarbeiter*innen sind Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen jedoch an der Tagesordnung. Laut Oxfam Deutschland ist der Einfuhrpreis von Bananen in Deutschland zwischen 2015 und 2018 um 20 Prozent gefallen. Auf der anderen Seite sind die Produktionskosten in Lateinamerika im vergangenen Jahrzehnt deutlich gestiegen. Auch der Rückzieher der Discounterkette Lidl, ihre Bananen auf 100 % Fairtrade umzustellen, verdeutlicht: Freiwillige Initiativen von Unternehmen reichen allein nicht aus, um faire Handelsbedingungen herzustellen.

„Aus diesem Grund fordern wir eine gesetzliche menschenrechtliche Sorgfaltspflicht für deutsche Unternehmen entlang ihrer Lieferketten. Sie müssen dafür Verantwortung übernehmen, dass ihre Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden und deren Erzeuger*innen von ihrem Einkommen oder Lohn ein menschenwürdiges Leben führen können“, erklärt Manuel Blendin. „Wer dies nicht tut, muss im Schadensfall von den Betroffenen haftbar gemacht werden können“, ergänzt Blendin.