Indien: Mit Kreativität durch die Krise

Wie in Zeiten der Pandemie Arbeitnehmerschutz in einem der bevölkerungsreichsten Länder der Welt aussehen kann, zeigen zwei Fairtrade-zertifizierte Textilunternehmen in Indien.

Das Gelände der Armstrong Spinning Mills im südindischen Tirupur ist groß. Mehr als tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Dazu kommt eine große Zahl von Wanderarbeiter*innen, die auf dem Fabrikgelände in einem Hostel untergebracht sind. Auch bei der Näherei SAGS Apparel, die eine Zertifizierung nach dem Textilstandard anstrebt, arbeiten hunderte von Näher*innen. All diese Menschen nehmen nun nach der partiellen Aufhebung der Beschränkungsmaßnahmen in der Region ihre Arbeit wieder auf – mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen, denn ein unbemerkter Corona-Ausbruch hätte verheerende Folgen.
Im Rahmen des Fairtrade-Textilprogramms werden Arbeiter*innen und Management bei Armstrong, SAGS sowie bei weiteren engagierten Unternehmen kontinuierlich in Bereichen wie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz geschult. Das erweist sich gerade in Zeiten der Pandemie als besonders hilfreich, denn bei der Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen kann auf die bei den Trainings geschaffenen Strukturen und Prozesse aufgebaut werden.

Maßnahmen, die Leben schützen

Das Management von SAGS Apparel hat zahlreiche Maßnahmen ins Leben gerufen, um die Arbeiterinnen und Arbeiter vor einer möglichen Ansteckung durch Covid-19 zu schützen: Bodenmarkierungen vor dem Eingang und im Fabrikgebäude gewährleisten, dass die Abstandsregel eingehalten wird. Beim Betreten und Verlassen des Gebäudes messen Mitarbeiter die Temperatur aller Arbeitnehmer*innen mit einem Infrarot Fieberthermometer. In Gesprächen mit der Belegschaft wird über die Handhabung von Schutzmasken, über das Lüften der Räume, Handhygiene sowie Hust- und Niesetikette informiert. Damit sich die Mitarbeitenden als auch das Management die besprochenen Maßnahmen täglich vor Augen führen können, hat das Fairtrade-Textil-Team verschiedene Plakate entwickelt, die am Eingang und im Gebäude angebracht werden. Die großformatigen farbigen Poster erklären die Sicherheitsmaßnahmen zum einen in Bildern, zum anderen in den Sprachen Englisch, Hindi, Tamil und Orya – den am meisten verbreiteten Sprachen in der Belegschaft.

Mit Kreativität durch die Krise  

Während des regionalen Lockdowns litten bei Armstrong Spinning Mills besonders die jungen Wanderarbeiter*innen darunter, dass sie per Regierungsbeschluss weder zu ihren Familien zurück kehren, noch arbeiten oder für längere Zeit das Hostel verlassen durften. Da gerade junge Menschen selten schwer an Covid-19 erkranken, trafen sie die Ausgangsverbote doppelt schwer. Armstrong hat darum während der Ausgangssperre einen Malwettbewerb ins Leben gerufen, bei dem sich die jungen Arbeitnehmenden kreativ mit ihrer Situation, der Pandemie und ihren Auswirkungen beschäftigen konnten. In den Bildern drücken sie ihre Sorgen und Hoffnungen für die Zukunft aus und zeigen sowohl Solidarität mit den Menschen, die besonders geschützt werden müssen, als auch mit den Maßnahmen, die dafür aufgestellt wurden.

Mit gutem Beispiel voran

Armstrong Spinning Mills und SAGS Apparel sind gute Beispiele dafür, wie ein Umdenken in der Textilindustrie vorangetrieben werden kann. Diese Unternehmen sind, gemeinsam mit dem nach dem Fairtrade-Textilstandard zertifizierten Unternehmen Pure Cotz, die Pioniere im Vorantreiben von mehr Nachhaltigkeit in der textilen Kette. Der Erfolg dieser Fabriken lässt sich nicht nur auf die guten Ausbildungsmöglichkeiten der Angestellten zurückführen, sondern auch auf die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, die das Arbeitsklima in der Fertigungsstätte deutlich verbessert haben. Um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Textilsektor – insbesondere in Krisenzeiten wie diesen – zu verbessern, müssen alle Beteiligten der Wertschöpfungskette Verantwortung übernehmen: zuliefernde Betriebe, der Handel sowie Konsumentinnen und Konsumenten weltweit.