INA startet Transparenzprojekt mit Blockchain in Ruanda

Modernste Technik ist im Einsatz, um die globale Lieferkette transparent zu machen. Pilot mit Fairtrade-Partner.

Bild: Sean Hawkey

Die globalen Probleme der Kaffeeindustrie sind bekannt. Seit Jahrzehnten weiß man um die ausbeuterischen Verhältnisse zwischen großen Handelsunternehmen und kleinbäuerlichen Produzent*innen. Dennoch ist der Kaffeepreis nach wie vor extremen Schwankungen ausgesetzt, viele Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern können von ihren Erträgen kaum leben. Die Entwicklung fairer Handelsstrukturen ist seit jeher die zentrale Aufgabe, die sich Fairtrade selbst gesetzt hat. Und es gibt Verbündete. Die Initiative für nachhaltige Agrarlieferketten (kurz INA) ist eine davon. Mit einem neuartigen Projekt leistet sie jetzt Pionierarbeit für Kaffeebäuerinnen in Ruanda. Zusammen mit der Rwanda Smallholder Specialty Coffee Company (RWASHOSCCO), einem Zusammenschluss mehrerer Fairtrade-zertifizierter Kaffeekooperativen, soll dafür gesorgt werden, dass nicht nur die Wertschöpfung komplett im Ursprungsland des Kaffees stattfindet - wie bei der kaffee-kooperative.de – sondern alle Stationen transparent erfasst werden können.

INATrace - Traditionelle Anbaumethoden treffen auf digitale Tools

Ziel des Projektes ist es, vollständige Transparenz entlang der gesamten Lieferkette des Kaffees zu erreichen. INATrace ist der Name dieses neuen Verfahrens. Genutzt wird dazu die aktuell fast mythisch anmutende Blockchain-Technik. Was zumeist mit Kryptowährungen wie dem Bitcoin in Verbindung gebracht wird, ist letztlich nichts weiter als eine sichere Verschlüsselungsmethode. Dabei wird ein Informationsblock an den nächsten gekoppelt, wobei jede neue Information auf der vorherigen basiert. Im Grunde unterscheidet sich die Blockchain kaum von der uralten Kerbholz-Methode: Bei dieser nahmen Schuldner und Gläubiger je ein Kerbholz mit einer identischen Kerbe an sich, auf der die Schuld festgehalten war. Jede Fälschung wäre sofort offensichtlich, da die Kerben dann nicht mehr zusammenpassen würden. Genauso funktioniert die dezentrale Pflege von Datenbanken im digitalen Zeitalter. Bei jedem neuen Eintrag müssen alle vorherigen anhand bestimmter Formelketten bestätigt werden, bevor ein weiter Datensatz eingetragen werden kann. Dadurch ist das Blockchain-Verfahren die aktuell sicherste Methode der dezentralen Buchführung - Und könnte den Fairen Handel seinem Ziel ein gutes Stück näherbringen.

Denn die INA nutzt Blockchain, um jede einzelne Station der Lieferkette sicher und korrekt zu dokumentieren. Ausgehend vom ruandischen Hochland und den Kooperativen der Rwanda Smallholder Specialty Coffee Company wird festgehalten, wer den Kaffee erntet, transportiert und verarbeitet und wann welche Preise gezahlt werden. Wir als Konsument*innen können beim Kauf des Kaffees einen QR-Code scannen und jeden dieser Schritte nachvollziehen. Wer hat meinen Kaffee angebaut? Welchen Weg hat er zurückgelegt? Zu welchem Preis wurde er den Produzent*innen abgekauft? All diese Fragen werden mit einem simplen Scan beantwortet.

Transparenz bedeutet Empowerment

Ein besonderer Fokus des Projekts liegt im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit. Oftmals fällt der Großteil der Arbeit auf ruandische Frauen, die zusätzlich den Druck der Digitalisierung zu spüren bekommen. Zumeist wird ihnen der Zugang zu und Umgang mit digitalen Technologien nicht ermöglicht. Um diese Entwicklung zu stoppen, arbeitet die INA eng mit Kaffeebäuerinnen vor Ort zusammen und bezieht sie aktiv in den Entwicklungsprozess des Projektes ein. Dadurch erlangen die Bäuerinnen ein Stück weit Selbstbestimmtheit und können einen Teil der Handlungsfreiheit zurückgewinnen, die ihnen in Form der Menschenrechte zusteht.

Angelique’s Finest – Ein Vorbild für die Kaffeeindustrie

Die meistverkaufte Kaffeesorte des Kooperativenverbunds ist Angelique’s Finest. In Zusammenarbeit mit kaffeekooperative.de wird der Kaffee in Ruanda geerntet, geröstet und verpackt. Das Team von kaffeekooperative ist für den Vertrieb auf dem deutschen Markt zuständig und versteht sich als verlängerter Arm der Produzent*innen. Angelique’s Finest ist aber nicht nur ein feiner Genuss für den Gaumen, sondern auch eine Form des Empowerments. Der Kaffee wird zu 100 Prozent von Frauen hergestellt, die ebenso für das Geschäft zuständig sind. Namensgebend für die Sorte ist Angelique Karekezi, die Geschäftsführerin der Rwanda Smallholder Specialty Coffee Company. Das Gesicht der Kaffeebäuerin Epifanie Ndacyayisenga ziert die Verpackung. Damit leistet der Kaffee einen doppelten Beitrag: Zum einen geht ein größerer Anteil der Wertschöpfungskette an die Produzentinnen. Zum anderen wird mit jeder Packung auf die Missstände der globalen Kaffeeindustrie aufmerksam gemacht.