Fairtrade: Wir blicken in die Zukunft

Ein Kommentar von Darío Soto Abril, Geschäftsführer von Fairtrade International.

Dario Soto Abril ist seit Februar 2017 Geschäftsführer von Fairtrade International.

Dieser Kommentar erschien auf Planeta Futuro / El País am 19. September 2017 und wurde mit ihrer freundlichen Genehmigung übersetzt und vervielfältigt:

Dieses Jahr feiert Fairtrade International 20-jähriges Jubiläum. In diesen zwei Jahrzehnten ist Fairtrade von einer kleinen Initiative zu einer globalen Bewegung gewachsen. Allein im Jahr 2015 wurden für 7,3 Milliarden Euro Fairtrade-Produkte gekauft. Das ist ein Anstieg von 16 Prozent gegenüber 2014. Von diesen Käufen profitierten 1,6 Millionen Produzentinnen und Produzenten in 75 Ländern.

Fairtrade ist einzigartig, insofern der stabile Mindestpreis die Kosten für eine nachhaltige Produktion der Produzentinnen und Produzenten decken soll,  und die Fairtrade-Prämie zusätzlich ermöglicht, in Entwicklungsprojekte ihrer Gemeinden zu investieren. Die Fairtrade-Prämie ist deshalb so wichtig, weil es die Produzentinnen und Produzenten selbst sind, die entscheiden, welche Prioritäten sie für die Investitionen setzen: zum Beispiel in Initiativen zur Verbesserung der Produktivität ihrer Ernte oder in Bildungs-, Gesundheits- oder Wohnungsbauprojekte. Im Jahr 2015 beliefen sich die Fairtrade-Prämiengelder auf 138 Millionen Euro.

Während der 20 Jahre, in denen Fairtrade nun aktiv ist, haben wir festgestellt, dass sich der private Wirtschaftssektor sich seiner Rolle dabei, den Wandel zu fördern, immer bewusster wird.  Dies hat sich einerseits durch größere Investitionen in Nachhaltigkeitsprogramme gezeigt und anderseits auch bei der Verpflichtung, Produktionsketten auf globaler Ebene mit einzubeziehen. Ebenso haben wir gesehen, wie Menschen dank der Globalisierung und des wachsenden Einflusses sozialer Netzwerke, besser informiert und organisiert sind. Diese fordern nun auch von Unternehmen und Regierungen immer lauter Gesetze und Richtlinien, die sich für einen verantwortungsvolleren Umgang mit unserem Planeten und seinen Bewohnern einsetzen. Tatsächlich ist eine unserer größten Stärken das Netzwerk von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Aktivistinnen und Aktivisten, die Fairtrade in Europa und Nordamerika vorangetrieben haben.

Dies hat dazu beigetragen, dass Fairtrade in relativ kurzer Zeit zum weltweit bekanntesten und am meisten geschätzten ethischen Label geworden ist. Fairtrade ist zudem ein vertrauenswürdiger Partner für die über 1.200 Produzentenorganisationen und über 2.400 weltweiten Unternehmen, deren Produkte Fairtrade-zertifiziert sind.

Allerdings erkennen wir, dass die gegenwärtigen politischen, handelspolitischen und sozialen Realitäten nicht die gleichen sind wie diejenigen, die zu einer schnellen Expansion von Fairtrade vor zwei Jahrzehnten führten. Heute weichen zum Beispiel viele Unternehmen von unabhängigen Standards und Zertifizierungen ab, um ihre eigenen Nachhaltigkeitssysteme unter dem Label ihrer sozialen Unternehmensverantwortung (CSR) zu schaffen, da sie versuchen, Kosten einzusparen und den Herausforderungen der Lieferkette anders begegnen.

Die politische Landschaft hat sich auch verändert. Während die wirtschaftliche Integration nach wie vor konstant bleibt, sehen wir heute auch eine Verschiebung hin zu protektionistischen Handelspolitiken, die sich eher auf die heimischen Märkte konzentrieren als auf offene, barrierefreie Verbindungen innerhalb globaler Wertschöpfungsketten.

Diese neue Realität erfordert unsererseits neue Interventionen. Fairtrade hat die Zukunft fest im Blick. Im Jahr 2016 haben wir eine neue globale Strategie verabschiedet, die in einen ehrgeizigen Plan für Wachstum und Entwicklung umgesetzt wird. Unser Versprechen an die Verbraucherinnen und Verbraucher von Fairtrade-Produkten ist, dass wir bis 2020 erhebliche Fortschritte in Richtung eines existenzsichernden Lohns und Einkommens für alle Produzentinnen und Produzenten sowie Arbeiterinnen und Arbeiter erreichen, mit denen wir zusammenarbeiten. Insbesondere verpflichten wir uns dazu sichzustellen, dass die Arbeitnehmer auf Fairtrade-zertifizierten Bananenplantagen bis Ende dieses Jahrzehnts existenzsichernde Löhne erhalten.

Wir erkennen die Notwendigkeit von Innovationen. Was vor 20 Jahren funktioniert hat, muss heute nicht unbedingt immer noch gelingen. Deshalb wollen wir, ohne unser erfolgreiches Modell und unsere Grundsätze zu vernachlässigen, ein neues Modell für die Partnerschaft mit Unternehmen initiieren, die über die Zertifizierung hinausgehen. Wir werden auch Dienstleistungen für das Lieferkettenmanagement anbieten, um Produzentinnen und Produzenten sowie Unternehmen zu unterstützen. All dies wird ohne die Vernachlässigung der Prinzipien des Empowerments und der fairen Handelsbedingungen für die Erzeugerinnen und Erzeuger geschehen.

Wir sehen auch, dass wir in den letzten Jahren etwas hinter unserem Ziel zurückgeblieben sind, die Ergebnisse unserer Arbeit, mit denen, die uns unterstützen, zu teilen. Deshalb ist unsere Prämisse für die Zukunft eine vollständig transparente, ehrliche und fokussierte Kommunikation rund um unsere Wirkungsmechanismen. Unser Ziel ist es, die Verbraucherinnen und Verbraucher von Fairtrade-Produkten mit Produzentinnen und Produzenten und Unternehmen, die Fairtrade-Produkte vermarkten, zu verbinden und unsere Wertschöpfungskette so effizienter zu gestalten.

Jeder bei Fairtrade nimmt die Herausforderung des Wandels mit offenen Armen an, denn wir sind Teil einer optimistischen und innovativen Bewegung, die in die Vergangenheit blickt, um die Zukunft zu gestalten. Das neue Fairtrade ist weiterhin bestrebt, für und mit Produzentinnen und Produzenten sowie Konsumentinnen und Konsumenten zu arbeiten. Gleichzeitig werden wir weiterhin mit Unternehmen und Regierungen zusammenzuarbeiten und sie auffordern, damit sichergestellt werden kann, dass das System des Handels im 21. Jahrhundert zu einem Motor des Wohlstands und des Wohlergehens für alle wird.