Faire Preise für ein menschenwürdiges Leben

Gastbeitrag von Dario Soto Abril anlässlich des Internationalen Welternähungstages 2019.

Kaffeebauer mit am Baum hängenden KakaofrüchtenKaffeebauer mit am Baum hängenden Kakaofrüchten

Der Fairtrade-Mindestpreis stellt ein Sicherheitsnetz da, welches Produzent*innen vor schwankenden Preisen schützt. Allerdings kaufen viele Firmen, die Fairtrade-zertifizierte Bohnen beziehen, nur einen Bruchteil ihres Bedarfs nach Fairtrade-Konditionen ein. | Bild: © Sean Hawkey

Anlässlich des Internationalen Welternährungstages 2019, macht Darío Soto Abril, Geschäftsführer von Fairtrade International auf die schwierigen und menschenunwürdigen Lebensverhältnisse vieler Produzent*innen aufmerksam und appelliert an Unternehmen, ihren Beitrag zu fairer Entlohnung und fairen Arbeitsverhältnissen zu leisten:

Kaffee und Schokolade. Viele von uns tun sich schwer damit, ohne eines - oder beide – unserer Lieblingsluxusgüter durch den Tag zu kommen. Und das obwohl der Preis für eine Tasse Espresso oder einen Schokoriegel, für die Millionen von Kleinbauern und-Bäuerinnen rund um die Welt, die unsere heißgeliebten Kaffee – und Kakaobohnen anpflanzen, nichts weiter als ein grausamer Scherz  ist.

Während Konsument*innen Schokolade im Wert von über 100 Milliarden US$ jedes Jahr essen und 200 Milliarden Tassen Kaffee trinken, kämpfen die Erzeuger*innen weltweit darum, ihren Lebensunterhalt finanzieren zu können.

Auf den internationalen Märkten sind Kaffeepreise auf ihren effektiv niedrigsten Punkt abgesunken. Im Mai 2019 wurden Arabica-Bohnen zu 86 US-Cents das Pfund (454g) gehandelt – so wenig wie das letzte Mal 2004. Der Kakaopreis war 2016 um 33 Prozent kollabiert und hat sich bis jetzt nicht vollständig erholen können. Dieser fortlaufende Einbruch der Preise bedeutet für viele Kaffee- und Kakao- Erzeuger*innen, dass sie Lebensgrundlagen wie Essen, Wohnraum und Bildung nicht bezahlen können.

Faire Preise für unsichere Märkte

Die globalen Märkte beider Rohstoffe sind bekanntermaßen sehr unbeständig. Überproduktion, Klimawandel, Wechselkurse und Regierungsstrategien beeinflussen die Preise.

Aber die allgemeine Entwicklung ist eindeutig: Händler*innen, weiterverarbeitende Betriebe, Marken und Verkäufer*innen machen enorme Profite, während Bauern und Bäuerinnen einen Hungerlohn bekommen. Viele Kakaobauern und -bäuerinnen aus Westafrika – die zwei Drittel des weltweiten Kakaobedarfs decken – verdienen weniger als 1 US-Dollar am Tag. Unterdessen benötigen Mittelamerikanische Erzeuger*innen zwischen 1.20 US$ und 1.50 US$, nur um die Gewinnschwelle zu erreichen – und trotzdem bewegt sich der globale Preis nur um 1 Dollar.

Fairtrade erhöht Mindestpreis für Kakao um 20 Prozent

Fairtrade ist davon überzeugt, dass faire Preise für die Ernten der Bauern und Bäuerinnen der beste Weg sind, um extreme Armut zu bekämpfen. Eigene Forschungen aus dem letzten Jahr zeigen, dass nur 12 Prozent  der Fairtrade-zertifizierten Kakaobauern und -bäuerinnen aus der Elfenbeinküste genug verdient haben um sich existenzsichernde Grundlagen leisten zu können und das 58 Prozent immer noch in extremer Armut leben. Darum haben wir den Mindestpreis ab Oktober um 20 Prozent angehoben, als ersten Schritt in Richtung eines existenzsichernden Einkommens.

Kaffee- und Kakaolieferketten leiden auch jetzt schon unter Menschenrechtsverletzungen, wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Menschenhandel. Einen Fokus auf diese Symptome von Armut zu setzten, anstatt sich auf die Ursachen (dramatisch unausgeglichene Wertverteilung entlang der Lieferketten) zu konzentrieren, lenkt nur davon ab, multinationale Unternehmen für ihren Anteil an der Aufrechterhaltung extremer Armut zur Rechenschaft zu ziehen. In diesem Zusammenhang wird es wesentlich schwieriger Zero Hunger  zu erreichen. (Zero Hunger ist ein Ziel des UN WORLD FOOD PROGRAMME (WFP), das die Absicht verfolgt, Hunger zu beenden, Ernährung zu verbessern, den Zugang zu Nahrungsmitteln und deren Verfügbarkeit zu sichern und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern.)

Verantwortung Übernehmen

Paradoxerweise sind niedrige Preise auch für Konsumierende eine schlechte Nachricht. Manche mittelamerikanische Kaffeeerzeuger*innen beispielsweise, verlassen ihre Farmen und migrieren nach Norden in die USA. Es wird immer unwahrscheinlicher Nachwuchs zu finden, der bereit ist, Kaffee oder Kakao anzubauen, wenn sich dies nicht auszahlt. Zukünftige Generationen von Kaffee- und Schokoladenliebhaber müssen vielleicht damit rechnen das ihrer täglichen Dosis schwerer beizukommen ist oder dass sie einen deutlich höheren Preis zu zahlen haben.

Die multinationalen Unternehmen, die die globalen Kaffee- und Kakaolieferketten kontrollieren, müssen gründlich prüfen wie sie ihre Geschäfte machen. Fragwürdige Nachhaltigkeitsansprüche – unter anderem selbsterstellte Zertifizierungs-Programme – werden von einer Bereitschaft unterminiert, unterhalb der Produktionskosten zu kaufen. Viele Firmen, die tatsächlich Fairtrade-zertifizierte Bohnen beziehen, kaufen nur einen Bruchteil ihres Bedarfs nach Fairtrade-Konditionen.

Der Mindestpreis von Fairtrade stellt ein Sicherheitsnetz da, welches hilft, Produzent*innen vor schwankenden Preisen zu beschützen und die Fairtrade-Prämie ermöglicht es ihnen, nach eigenem Ermessen in ihre Farmen und Gemeinschaften zu investieren. Aber alleine kann es Fairtrade es nicht schaffen den Hunger auf der Welt zu stoppen.

Unternehmen müssen aufhören nur Lippenbekenntnisse zu Nachhaltigkeit zu machen und anfangen Kaffee und Kakao zu Preisen zu kaufen, die es den Produzent*innen erlauben, ein angemessenes Einkommen zu genießen.