Der Grüne Knopf – und wo der Fairtrade-Textilstandard mehr bietet

Einschätzung zum neuen staatlichen Textilsiegel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) und wo die Kriterien des Fairtrade-Textilstandards weiter gehen.

Der Grüne Knopf und Fairtrade

Der Fairtrade Textilstandard geht in den sozialen Kriterien weit über die Mindestkriterien des Grünen Knopfes hinaus.

Der Grüne Knopf ist ein Siegel für Textilien und textile Produkte, das am 9. September vorgestellt werden soll. Siegelgeber ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ). Der Grüne Knopf soll Verbraucher*innen die Entscheidung zum Kauf von nachhaltiger Kleidung erleichtern. Der Grüne Knopf umfasst sowohl Unternehmenskriterien als auch Produktkriterien.

Die Unternehmenskriterien beziehen sich auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, sowie die OECD-Kriterien zu menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht. Diese fordern, die Un-ternehmenspolitik an Menschenrechten auszurichten. Dafür braucht es eine Risikoanalyse seitens der Unternehmen, entsprechende Maßnahmen zur Risikominimierung, eine transparente Berichterstattung und effektive Beschwerdemechanismen.

Die Produktkriterien beziehen sich auf die Mindestanforderungen der Bundesregierung im Bereich Konfektion und Nassprozesse. Diese werden in Siegelklarheit.de aufgeführt und beziehen ökologische und soziale Kriterien ein. Für die Erfüllung der Produktkriterien werden nur Siegel anerkannt, die als glaubwürdig eingestuft werden. Die Glaubwürdigkeit besteht aus Transparenz, unabhängiger Kontrolle und glaubwürdiger Produktkennzeichnung.

Allen oben beschriebenen Verarbeitungsprozessen vorgelagerte Stufen – beispielsweise Spinnen, Entkörnen – sowie die Faserproduktion werden in den Kriterien nicht beachtet. Die sozialen Kriterien beziehen sich hauptsächlich auf die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, wie etwa Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Kollektivverhandlungen, das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, Gesundheitsschutz und Gebäudesicherheit. Die Umweltkriterien umfassen Regeln für Abwasser und Emissionen, den Einsatz von Chemikalien und deren Rückstandskontrolle.

Der Grüne Knopf ist als Gewährleistungsmarke eingetragen und wird durch die Deutsche Akkreditierungsgesellschaft (DAkkS) überprüft. Beides sind wichtige Säulen für die Glaubwürdigkeit des Siegels.

Bewertung durch TransFair:

Die Idee eines staatlichen Meta-Siegels, das Unternehmens- und Produktkriterien kombiniert, unterstützt TransFair grundsätzlich.

Allerdings beziehen die Kriterien des Grünen Knopfes nicht alle Stufen der Textilproduktion ein. Für die Fasergewinnung, etwa den Baumwollanbau, gibt es keine Kriterien. Existenzsichernde Löhne, die eine wirkliche Verbesserung in der Textilindustrie darstellen würden, sind lediglich als Ziel beschrieben, werden aber nicht eingefordert. Diese beiden Punkte müssen sich nach der Pilotphase 2021 ändern, damit sich der Grüne Knopf langfristig als glaubwürdiges Textilsiegel etablieren kann, das die Probleme der Textilindustrie angeht. Dafür fehlt aktuell ein klarer Zeitplan, der Verbraucher*innen das nötige Vertrauen und der Industrie Planungssicherheit bietet.

Bei vielen der beschriebenen Prozesse muss sich während der Pilotphase bis 2021 zeigen, wie sie mit Leben gefüllt werden. Es bleibt abzuwarten, wie das Regelwerk des Grünen Knopfes in der Praxis angewandt wird und wie transparent darüber kommuniziert wird.

Entscheidend für die Bewertung des Grünen Knopfes ist die Kommunikation an Konsument*innen und Bürger*innen.  Verbraucher*innen müssen verstehen, für was der Grüne Knopf steht, welche Kriterien eingehalten werden müssen und was das für die Menschen in der Textilindustrie bedeutet. Es darf am Ende nicht der Eindruck entstehen, dass es sich beim Grünen Knopf um ökologisch und sozial korrekte Textilien handelt. Unternehmen brauchen weiterhin Anreize – gerade was die sozialen Anforderungen angeht – nicht bei den Mindeststandard stehen zu bleiben.

Rolle des Fairtrade Textilstandards

Der Fairtrade Textilstandard erfüllt alle ökologischen und sozialen Kriterien des Grünen Knopfes. Ein Unternehmen, das die Unternehmenskriterien erfüllt, kann also für seine Produkte, die nach dem Fairtrade Textilstandard zertifiziert sind, den Grünen Knopf beantragen. Andere Produktsiegel, die alle Kriterien erfüllen sind: GOTS, IVN Best und Ökotex made in green.

Der Fairtrade Textilstandard geht in den sozialen Kriterien allerdings weit über die Mindestkriterien hinaus. So gibt es die Verpflichtung, nach einer Übergangszeit von maximal sechs Jahren, existenzsichernde Löhne zu bezahlen. Außerdem bilden Arbeiter*innen Compliance Committees und werden mit Trainings dabei unterstützt, selbst für ihre Rechte einzustehen. Im Gegensatz zum Grünen Knopf gelten diese Kriterien für alle Stufen der textilen Kette und bei Verwendung von verantwortungsvoll produzierten Fasern.