Der Award - Ein anderer Blickwinkel

TransFair e.V. hat sich mit Ute Holtmann, Jury-Mitglied des Fairtrade Awards, unterhalten. Die Leiterin der PR-Abteilung des EHI, des Euro Handelsinstitutes, erzählt von ihren Erfahrungen und Erwartungen.

Ute Holtmann im Interview mit Anke Engelke beim Award 2018

Ute Holtmann im Interview mit Anke Engelke bei den Fairtrade-Awards 2018 | Bild © Fairtrade / Phuong Tran Minh

Was hat das EHI mit dem fairen Handel und den Fairtrade Awards zu tun und warum bist du in deiner Rolle Mitglied der Jury?

Beim EHI schauen wir uns an, was der Handel so macht, was ihn antreibt, was wichtig ist und wie er mit seiner Kundschaft kommuniziert. Zu dem Thema gehört natürlich auch der große Bereich Nachhaltigkeit. Wir ordnen alles um Fairtrade herum in den Bereich Nachhaltigkeit ein und finden das im Moment besonders spannend, weil die Kundschaft sich sehr verändert hat. Das heißt, viele Kundinnen und Kunden wollen heutzutage wissen, wen sie mit ihrem Einkauf unterstützen und da können faire Produkte durchaus einige Bedürfnisse befriedigen.

Du bist nicht zum ersten Mal bei den Fairtrade Awards in der Jury, im letzten Jahr warst du sogar Jury-Vorsitzende. Warum ist es für dich spannend, hier aktiv dabei zu sein?

Wenn man in der Jury sitzt, hat man natürlich einen ganz anderen Einblick in das Engagement für fairen Handel von Organisationen und Unternehmen, darin, wie das Engagement von Unternehmen den fairen Handel vorantreibt und wie dieser dann letztendlich wirkt.Man bekommt interessante Fälle von Unternehmen vorgestellt, die etwas zum fairen Handel beigetragen haben. Man diskutiert mit den anderen Juroren auf sehr professionellem Niveau und bekommt so viele unterschiedliche Blickwinkel mit.

Wie bewertet ihr die Bewerbungen? Gibt es ein Schema, dem ihr folgt und gibt es auch mal Unstimmigkeiten? Wo liegen die Herausforderungen in den Abstimmungen?

Es gibt einen ganzen Kriterienkatalog, der sehr umfangreich und sehr gut strukturiert ist, an dem wir uns als Jury entlanghangeln. Er enthält Rubriken wie Engagement und dessen Dauer und Glaubwürdigkeit, Innovationsgrad, Unterstützung von Produzenten oder Konsumentenkommunikation. Alle Kriterien werden noch mit weiteren detaillierteren Informationen versehen. Insgesamt hat man also eine umfangreiche Bewertungsgrundlage, die die Vergleichbarkeit der Projekte ermöglicht.Schwierig ist es manchmal, dass viele Lösungen dieselben Denkmuster verfolgen. Das heißt man muss schauen: Wer macht das am besten und wo ist der Output am größten? Es ist auch nicht einfach zu beurteilen, wenn man ein sehr kleines Unternehmen - manchmal Start-Ups, die sich eine Sache ganz neu ausgedacht haben, mit einem großen, global agierenden und erfolgreichen Unternehmen vergleicht. Bei großen Unternehmen steckt natürlich eine ganz andere Maschinerie dahinter, die haben viel mehr finanzielle und wirtschaftliche Mittel, um etwas durchzusetzen. In solchen Fällen muss man schauen, was man höher bewertet, das Engagement zum Beispiel im Verhältnis zur Unternehmensgröße, die Besonderheit des Engagements oder den Output.

Warst du in den letzten Jahren zufrieden mit den Ergebnissen der Jury-Bewertung?

Ich fand, die Ergebnisse zeigten eine gute Mischung. Da waren kleine Unternehmen, die standen mit ganz großen Hersteller- und auch Handelsunternehmen nebeneinander auf der Bühne. In den Gewinnern spiegelt sich der Fairtrade-Gedanke wider: Man hat nie vergessen wo man herkommt, nämlich aus dem ganz kleinen Handel und was daraus geworden ist. Ich finde das sieht man, wenn man die kleinen Start-Ups neben den großen, etablierten Unternehmen auf der Bühne auszeichnet.

Was ist der Mehrwert, der ein Preis wie dieser mit sich bringt und worin siehst du die Motivation für Bewerber*innen sich zu beteiligen

Die Handelsunternehmen nutzen den Preis sehr für ihre Kommunikation und das ist richtig so, denn diese Information muss man an die Kundinnen und Kunden weitergeben. Ein Mehrwert liegt also in der Kommunikation an die Kundinnen und Kunden. Das andere ist die Kommunikation innerhalb der Branche, also mit anderen Unternehmen ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen sowie neue Lösungen zu entdecken und Informationen aus anderen Blickwinkeln zu bekommen.

Warst du in den letzten Jahren über Bewerbungen überrascht?

Es gibt manchmal unglaublich mutige Aktionen, denn eine Geschäftsidee umzusetzen, birgt ja auch ein wirtschaftliches Risiko. Da gehen Menschen mit viel Idealismus an eine Sache ran. Mich hat das nicht überrascht aber durchaus positiv emotional bewegt. Ich war manchmal wirklich gerührt zu sehen, was Menschen an zivilem und auch an wirtschaftlichen Engagement reinstecken, um eine Idee voran zu treiben.

Was ist in diesem Jahr besonders? Es gibt ja eine neue Kategorie: Newcomer. Was ist so reizvoll an der Kategorie und warum hat diese bisher gefehlt?

Die neue Kategorie gibt den Unternehmen und Initiativen Raum, die noch nicht lange existieren und sich deswegen vielleicht auch noch keinen Namen machen konnten. Als Newcomer können sie sich dem Handel vorstellen und auch Rückenwind bekommen. Der Nachwuchspreis wird ja nach Alter vergeben, für junge Menschen bis 25 Jahre, und hat bisher die Newcomer nicht abgedeckt.

Im letzten Jahr hast du auch die IFC besucht – die Internationale Fairtrade Conference. Wie waren deine Eindrücke?

Die IFC ist total klasse, denn man kann sich auf sehr professionellem Niveau mit den Teilnehmenden austauschen und erfährt viele Insider-Informationen von Unternehmen, die Fairtrade-Lösungen vorstellen. Außerdem erklären die Unternehmen die einzelnen Schritte, die sie gemacht haben, um ans Ziel zu kommen und das ist sehr praxisrelevant und darum sehr wertvoll.