Bananenproduzenten helfen beim Wiederaufbau

In Urabá, eine von den Jahrzehnten dauernden Konflikten am stärksten betroffenen Regionen, nehmen Beschäftigte von Fairtrade-Bananenplantagen die Gestaltung ihrer Zukunft in die Hand.

Harold Suárez, Produzentenvertreter für CLAC, auf der General Assemby 2016

Harold Suárez, Produzentenvertreter für CLAC, auf der General Assemby 2016

Lesen Sie im Folgenden einen Blog-Beitrag von Leena Camadoo, Banana Supply Chain Managerin bei der britischen Fairtrade Foundation und Harold Suarez, Arbeitnehmervertreter bei der Bananen-Kooperative Montesol (erschienen in The Guardian, aus dem Englischen übersetzt):

Im vergangenen Monat wurde die historische Entscheidung getroffen, Jahrzehnte des Konflikts in Kolumbien zu beenden. Der Bürgerkrieg kostete 220.000 Menschen das Leben, vielen Landwirten den Verlust ihrer Grundstücke und hinterlässt rund 6,7 Millionen Vertriebene.

Die Bananenanbauregion Urabás wurde ein Schlachtfeld zwischen verfeindeten Guerilla und Paramilitärs. 8.000 Menschen wurden ermordet, darunter Gewerkschaftsführer, Mitglieder und Manager. Misstrauen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten war weit verbreitet. Fairtrade-zertifizierte Plantagen in der Region bemühen sich nun darum, die Beziehungen zu verbessern, den Arbeiterinnen und Arbeitern eine stärkere Stimme zu geben und Menschenrechte zu fördern mit dem Ziel, die vereinte, menschliche Gesellschaft zu etablieren, die das Land jetzt braucht.

Ein Erfahrungsbericht

Harold Suarez, ein 32 Jahre alter Bananenarbeiter von der Fairtrade-zertifizierten Plantage Montesol, hat hart gearbeitet, um ein besseres Leben für sich selbst, seine Gemeinde und Kollegen aufzubauen. Hier erklärt er, wie:

„Ich arbeite seit über zehn Jahren in der Bananenindustrie. Ich lebe in Urabá, einer Region mit 20.000 Hektar für Bananenplantagen bewirtschaftet und rund 38.000 Mitarbeiter beschäftigen. Urabá ist Bananenland. Die Leute kommen aus ganz Kolumbien, um hier zu arbeiten. Wir haben alle sehr unter der Gewalt in unserem Land und den wirtschaftlichen Probleme gelitten, aber Tag für Tag gestalten wir die Region besser.

Mein Arbeitgeber Montesol wurde vor fünf Jahren  Fairtrade-zertifiziert. Ich bin stolz darauf, die anderen Arbeiter zu vertreten und in ihrem Namen mit dem Plantagenbesitzer zu verhandeln. Wir haben einen Tarifvertrag, der die Gehälter, Arbeitnehmerbelange und sonstige Leistungen umfasst. Im Rahmen dieser Vereinbarung erhalten wir auch kostenlose juristische Schulung zu allen Aspekten der Arbeitnehmerrechte, einschließlich Trainings zu Diskriminierung, zu Frauenrechten, Gleichberechtigung und dem Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit.

Gleichberechtigung in einem vielfältigen Land

Kolumbien ist unglaublich vielfältig und in meiner Region gibt es mehr als 30 verschiedene ethnische Gruppen. Es ist daher wichtig sicherzustellen, dass die Menschen der verschiedenen Ethnien, Kulturen und Geschlechter nicht unterschiedlich behandelt werden, was noch ein Problem war, als ich begann in der Branche zu arbeiten. Die Weiterbildung hat die demokratische Struktur der Plantage verbessert und uns geholfen, zusätzlichen Mutterschaftsurlaub auszuhandeln und zu bezahlen. Während wir immer ein gutes Verhältnis mit dem Chef hatten, besteht jetzt auch ein besseres Verständnis zwischen Management und Arbeitnehmern.

Ich bin stolz, signifikante Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer erreicht zu haben. In der Vergangenheit wurden oft unbezahlte Überstunden gemacht – dies geschieht nun nicht mehr. Wir achten jetzt besonders darauf, weil unsere Arbeit körperlich so anstrengend ist. Schon kleine Änderungen wie diese oder die Bereitstellung vernünftiger Arbeitsmittel und -bekleidung, wie es der Fairtrade-Standard verlangt, machen einen großen Unterschied.

Arbeitnehmerrechte als Standard

Viele Plantagen kommen nicht in den Genuss solcher Vorteile. Bei meiner vorherigen Arbeit mussten die Arbeiter ihr eigenes Trinkwasser mitbringen, obwohl die körperliche Arbeit auf einer heißen Bananenplantage großen Durst verursacht. Als ich anfing für Montesol zu arbeiten, wurde dort zunächst auch kein Trinkwasser zur Verfügung gestellt. Mit der Fairtrade-Zertifizierung wurde es Pflicht. Dies verursacht zusätzliche Kosten für das Unternehmen, ist aber von Vorteil für die Arbeiter. In Kolumbien haben wir gute gesetzliche Anforderungen an die Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaften. Doch im Vergleich zu meiner Arbeit auf nicht-zertifizierten Plantagen glaube ich, dass ich jetzt eine noch bessere Lebensqualität habe.

Vorher hatte ich ein geringes Einkommen und keine Möglichkeiten auf persönliche Weiterentwicklung. Als Bananenarbeiter war es uns nicht möglich, unsere Kinder zur Schule oder zum College zu schicken, denn wir hatten nicht genug Geld oder keinen Zugang, da die Universitäten in den großen Städten meist 500km weit entfernt sind.

Wir haben entschieden, einen Teil der Fairtrade-Prämie in bessere Bildung zu investieren, um der jungen Generation mehr Möglichkeiten zu bieten. Bisher haben wir 30.000 € investiert. Auch ich habe bereits von Fairtrade profitiert, indem ich einen professionellen Weiterbildungskurs im Bereich Finanzen absolvieren konnte. 15 weitere Kollegen haben ebenfalls erfolgreich daran teilgenommen. Bei Montesol wurden die Mitarbeiter auch gefragt, welche spezifische Ausbildung sich als sehr nützlich erweisen würde. Daraufhin haben wir uns dazu entschieden, Kurse zu Konfliktlösung, Familienplanung und Haushaltsführung anzubieten – alle durch Fairtrade unterstützt.

Fairtrade wirkt

Des Weiteren wurde die Fairtrade-Prämie in neue Häuser für bedürftige Arbeiterinnen und Arbeiter investiert. Das Bauprojekt wurde von der Regierung mitfinanziert, um vertriebenenen Beschäftigten zu helfen. Ohne dieses Programm hätten Arbeiterfamilien Häuser anmieten müssen, die sich in unzumutbarem Zustand befinden und viel zu klein sind. Die Fairtrade-Zertifizierung ist demnach eine große Hilfe und hat mit wirtschaftlicher und sozialer Unterstützung das Leben vieler Menschen verändert.

Ich glaube, dass wir dem Armutszyklus entkommen sind. Ich habe jetzt eine Ausbildung und die Möglichkeit zu verhandeln. Ich bin stolz darauf, für meine Kollegen zu sprechen. Jetzt, da wir Kolumbianer für dauerhaften Frieden kämpfen, kann ich das Licht am Ende des Tunnels sehen.“