Appell: Fairgabe statt Vergabe!

Gemeinsam mit Mitgliedsorganisationen, Bürgermeister*innen und Unternehmen fordern wir die Bundesregierung auf, gesetzlich verpflichtende Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltnormen bei der Öffentlichen Beschaffung einzuführen.

Beachflag mit Aufschrift "Wir sind Fairtrade Town" im Hintergrund städtische Gebäude, Fahrradständer und Passant*innen. Foto: Fairtrade/Jakub Cezary Kaliszewski

Fairtrade Towns zeigen, öffentliche Beschaffung kann Fairness umsetzen. Foto: Fairtrade/Jakub Cezary Kaliszewski

Über 70 zivilgesellschaftliche Organisationen, 15 (Ober-)Bürgermeister*innen sowie Unternehmen, Verbände, Zertifizierungsorganisationen und Expert*innen fordern mit einem Appell die Bundesregierung auf, gesetzlich verpflichtende Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltnormen beim Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen einzuführen.

Anlass für den Appell ist, dass die Bundesregierung aktuell an einem Vergabetransformationspaket arbeitet, mit dem sie die öffentliche Beschaffung nachhaltiger gestalten und die gesetzlichen Vorgaben für den Einkauf öffentlicher Auftraggeber reformieren will.

In dem Entwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist vorgesehen, grundsätzlich mindestens ein Nachhaltigkeitskriterium in öffentlichen Ausschreibungen zu berücksichtigen. Im Appell fordern die Organisationen: Das darf kein Feigenblatt werden. Die Anwender*innen der Vorschrift sind gefragt, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, was sinnvolle Nachhaltigkeitskriterien sind und wie Fairness und Umweltfreundlichkeit gleichzeitig gefördert werden können. Bei Produkten, die am Markt bereits ohne Probleme unter sozialen und ökologischen Vorgaben beschafft werden können, soll die nachhaltige Beschaffung verpflichtend gemacht werden. Eine stärkere Selbstverpflichtung der öffentlichen Hand durch gesetzliche Vorgaben sendet ein klares Signal an den Markt: Soziale und ökologische Produktionsbedingungen werden für die Erlangung öffentlicher Aufträge immer wichtiger.

Öffentliche Beschaffung leistet wichtigen Beitrag zur Umsetzung der SDG

Die öffentliche Hand in Deutschland gibt pro Jahr schätzungsweise ca. 500 Mrd. Euro für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen aus (OECD 2019). In den Lieferketten vieler eingekaufter Produkte werden Menschenrechte missachtet und die Umwelt zerstört. Bund, Länder und Kommunen haben eine enorme Marktmacht und ihr Handeln trägt maßgeblich zum Erreichen bzw. Nichterreichen von Nachhaltigkeitszielen wie dem Pariser Klimaabkommen und den Sustainable Development Goals (SDGs) bei. Ihnen kommt eine Vorbildrolle zu, Steuergelder nicht für Produkte auszugeben, in deren Lieferketten Menschenrechte verletzt werden.

Viele Kommunen sind auf gutem Weg. Fairtrade Towns mit großem Engagement

Viele Kommunen haben sich bereits auf den Weg gemacht, ihren Einkauf sozial verantwortlich und nachhaltig zu gestalten. Das freiwillige vorbildliche Engagement in verschiedenen Städten und Regionen zeigt, dass hier viel Potential steckt. Klare gesetzliche Vorgaben können dazu beitragen, dass Bund, Länder und Kommunen ihr Potential flächendeckend nutzen und so Anreize für faire und nachhaltigen Produktionsbedingungen bieten.: „Durch die Reform des Vergaberechts können sich Unternehmen auf die Anforderungen zu Nachhaltigkeit einstellen. Damit die Reform in der Breite wirkt, muss die Bundesregierung mehr Unterstützungsmaßnahmen für die Verwaltung, gerade auch die der Kommunen, schaffen, die Aus- und Weiterbildung von Verwaltungsmitarbeiter*innen ausbauen und die öffentliche Beschaffung strategisch ausrichten“, erläutert Tim Stoffel, politischer Referent bei Fairtrade Deutschland.

Fast 900 Fairtrade-Towns in Deutschland nehmen ihre Verantwortung für eine faire öffentliche Beschaffung ernst. Die Kampagne setzt sich für mehr fairen Handel auf kommunaler Ebene ein.  Um Fairtrade-Town zu werden, muss eine Stadt verschiedene Kriterien erfüllen. Dazu zählen die Gründung einer Steuerungsgruppe, die Aktivitäten rund um den fairen Handel koordiniert, ein offizieller Ratsbeschluss zur Beteiligung an der Kampagne, eine Mindestanzahl an Verkaufsstellen und Gastronomie, die faire Produkte anbieten, außerdem teilnehmende Vereine, Gemeinden und Schulen sowie mediale Berichterstattung über die Aktionen.

Initiiert wurde der Appell von unserer Mitgliedsorganisation Romero Initiative (CIR) und dem CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung. Unter den Unterzeichner*innen sind Fairtrade-Towns und -Regionen, Mitgliedsorganisationen sowie Lizenzpartner und verbündete Verbände und Vereine.