Fairtrade und IG Metall schulen indische Gewerkschaften

Im Dezember 2018 haben Fairtrade International und die deutsche Gewerkschaft IG Metall in der südindischen Textilstadt Tirupur Trainings für lokale Gewerkschaftsmitglieder der Textilindustrie abgehalten.

Mit in der Mitte v.l.n.r. Peter Donath (IG Metall), Rossitza Krüger (Fairtrade International), Rapha Breyer (TransFair e.V.) ., Bild: ©Fairtrade International

Fairtrade International und IG Metall schulen indische Gewerkschaftsmitglieder der Textilindustie. Bild: ©Fairtrade International

Textilarbeiterinnen und -arbeiter im globalen Süden in ihren Rechten nachhaltig zu stärken und sie dabei zu unterstützen, einen existenzsichernden Lohn zu erhalten – das ist das Ziel des von Fairtrade International 2016 eingeführten Textilstandards und Kernbestandteil der Fairtrade-Strategie für lohnabhängig Beschäftigte. Um dieses Ziel Schritt für Schritt zu erreichen, arbeitet Fairtrade mit starken Partnern aus der Wirtschaft, Zivilgesellschaft sowie mit internationalen Gewerkschaften zusammen. Im Rahmen des Fairtrade-Textilprogramms, das Arbeiterrechte-Trainings und -Schulungen für Textilbetriebe umfasst, führt Fairtrade gemeinsam mit der deutschen Gewerkschaft IG Metall als Kooperationspartner Gewerkschafts-Trainings in Indien durch. Diese Aktivitäten im direkten Kontakt mit Arbeiterinnen und Arbeitern sieht Fairtrade nicht zuletzt als Grundlage für das erzielen von sog. „collective bargaining agreements“ (CBAs), die eine Schlüsselrolle beim Erreichen von existenzsichernden Löhnen spielen. Parallel arbeitet die Organisation „Action Collaboration Transformation“ (ACT) daran, CBAs in Kambodscha, Myanmar und der Türkei umzusetzen.

Schulungen 2018 im südindischen Tirupur

Nach einem ersten Schulungsblock für indische Gewerkschaften im November 2017 in Neu-Delhi und Bangalore hat nun im Dezember 2018 eine mehrtägiges Training im südindischen Tirupur stattgefunden. Geschult wurden Mitglieder der Gewerkschaft INTUC, der größten indischen Gewerkschaft im Textbereich und Mitglied von IndustryALL, sowie der Gewerkschaft Hind Mazdoor Sabha, die ebenfalls im indischen Textilsektor aktiv ist. Die Stadt Tirupur im Bundesstaat Tamil Nadu gilt als die Hauptstadt für die T-Shirt-Produktion. Rund 80 Prozent aller in Indien hergestellten T-Shirts stammen aus dieser Region.

Der Schwerpunkt der diesjährigen Gewerkschafts-Trainings lag auf dem Ausbau von ergebnisorientierten Verhandlungstechniken mit Arbeitgebern sowie Möglichkeiten und Abläufe von Beschwerdeverfahren und der Rolle von Beauftragten für Beschwerden in Textilbetrieben. Nur wenn die gewerkschaftlichen Strukturen vor Ort gut funktionieren und die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer produktiv ist, können Fortschritte bei z.B. der Erhöhung von Löhnen erzielt werden. Beschwerdemechanismen geben vor, an wen sich Angestellte in einem Beschwerdefall wie z.B. sexuelle Belästigung wenden können und wer ihnen bei ihrer Beschwerde zur Seite steht. Am Beispiel von IG Metall wurde den indischen Gewerkschaftlern in den Trainings vermittelt, wie funktionierende Betriebsräte die Basis für gewerkschaftliche Arbeit sein können.

Indische Gewerkschaftler als Arbeitsrechts-Multiplikatoren

Die Schulungs-Teilnehmenden setzten sich aus rund 60 so genannten „district leaders“ und „shop stewards“ der gewerkschaftlichen Regionalbüros zusammen, die gleichzeitig Arbeiterinnen und Arbeiter von verschiedenen Textilbetrieben sind. Aufgabe der Teilnehmenden ist nach den Trainings als Multiplikatoren andere Gewerkschaftsmitglieder für Arbeiterrechte „workers meetings“ auszubilden. So können die geschulten Gewerkschaftsmitglieder als Botschafter für den Fairtrade-Textilstandard fungieren und in ihren Arbeitsstätten ihre Kolleginnen und Kollegen über ihre Rechte informieren.

Teilnehmende der ersten Schulung in 2017 haben im Nachgang zum IG Metall Training in mehreren Städten Versammlungen einberufen und insgesamt 1.800 Textilarbeiterinnen und -arbeiter mit ihren Schulungen erreicht. Dieser Schneeball-Effekt ist enorm und ein herausragendes Best-Practice-Beispiel für die Effektivität des Fairtrade-Textilprogramms.

Die Kooperation mit Gewerkschaften – ein Alleinstellungsmerkmal von Fairtrade

Für Fairtrade ist es von großer Bedeutung, mit starken Partnern zusammenzuarbeiten, um gemeinsam die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie zu verbessern. Denn nur gemeinsam lässt sich das große Ziel „existenzsichernde Löhne“ erreichen. Daher setzt Fairtrade auf einen Multistakeholder-Ansatz und bezieht die Arbeiterschaft, Unternehmen, Gewerkschaften, lokale Nichtregierungsorganisationen und viele mehr in die Schulungen des Textilprogramms ein. Die Zusammenarbeit mit der deutschen Gewerkschaft IG Metall, die in Deutschland auch die Bereiche Textil und Bekleidung betreut, ist bei den Trainings für Fairtrade ein großer Gewinn und einzigartig im Bereich der global agierenden Siegelorganisationen.