Statement zum Marktcheck der Verbraucherzentrale Hamburg

Köln, den 06. Oktober 2014 (aktualisiert am 10.10.2014)

„Der faire Handel entwickelt sich positiv und verdient weitere Unterstützung“, so die einleitenden Worte zum aktuellen Marktcheck der Verbraucherzentrale (VZ) Hamburg. Darin testen die Verbraucherschützer 31 „fair“ gehandelte Produkte, nur elf tragen das Fairtrade-Siegel. Die Auswahl der VZ aus rund 4.000 gesiegelten Artikeln ist nicht repräsentativ und aktuelle Entwicklungen werden im Marktcheck nicht wiedergegeben.

Großer Kritikpunkt des Markenchecks sind die vielen unterschiedlichen Kennzeichnungen. Da der Begriff „fair“ nicht geschützt ist, hat Fairtade Standards entwickelt, die international für Produkte mit dem Siegel gelten: Die Standards werden in einem transparenten Multistakeholderverfahren entwickelt, an allen Entscheidungen sind die Produzenten als gleichberechtigte Partner zu 50 Prozent beteiligt. Nur wer sich an die Standards hält und sich kontrollieren lässt, darf das geschützte Fairtrade-Siegel nutzen.

Fairtrade-gesiegelte Produkte überwiegend positiv bewertet

Von den Produkten im Test tragen nur elf das Fairtrade-Siegel. Kriterien im Test waren die „Fair-Auslobung“, Zutatenliste, Nährwertangaben und der Anteil fairer Rohstoffe. Von den elf Fairtrade-zertifizierten Produkten wurden sechs positiv bewertet.

Positiv für ihre Transparenz bewertet wurden die folgenden sechs Fairtrade-zertifizierten Produkte: Moreno Bio Caffé Crema, real Bio Schwarzer Tee „Darjeeling“, Fairglobe Bio Grüner Tee, Mount Hagen Espresso gemahlen, Fairglobe Basmati Reis sowie Fairglobe Pfeffer Schwarz Ganz. Ein Produkt wurde bezüglich der Kennzeichnung mittelmäßig und fünf Produkte als zu wenig transparent in ihrer Produktbeschreibung bewertet.

Kennzeichnung von Produkten mit Mengenausgleich kritisiert

Hauptkritikpunkt ist die Kennzeichnung bezüglich des Mengenausgleichs. Uns eint das Ziel mit der Verbraucherzentrale, größtmögliche Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu erreichen. Wir schätzen das Engagement und bleiben auch zukünftig in engem Austausch mit den Verbraucherzentralen und Verbraucherinitiativen. Bereits im August 2012 hat TransFair e.V. den Hinweis auf Mengenausgleich für Produkte deutscher Lizenznehmer verbindlich gemacht. Zahlreiche Verpackungsänderungen wurden bereits umgesetzt und werden nach und nach die bisherigen Verpackungen in den Regalen ersetzen. Ein Aussortieren der bereits produzierten Chargen halten wir weder für ökologisch noch ökonomisch sinnvoll.

Nachfolgend die Produkte, bei denen bezüglich Transparenz noch nachjustiert werden muss und die Schritte, die bereits eingeleitet wurden:

Rewe Bio Nuss-Nougat Creme

  •     Verbraucherzentrale HH: Auf der Verpackung fehlt der Hinweis auf den Mengenausgleich.
  •     Erklärung von TransFair: Die Rewe Group hat bereits reagiert und gegenüber der VZ geäußert, dies zukünftig auf dem Etikett zu ergänzen.

Krüger Scho-kao

  •     Verbraucherzentrale HH: Der Hinweis zum Mengenausgleich findet sich nur im Internet.
  •     Erklärung von TransFair: Krüger hat nachjustiert: die neue Verpackung trägt den Hinweis zum Mengenausgleich und ist bereits von TransFair freigegeben, sodass nach Abverkauf der bisherigen Verpackungseinheiten die neuen Verpackungen mit dem entsprechenden Vermerk in die Regale kommen.

Pfanner Orangensaft

  •     Verbraucherzentrale HH:  Angabe zum Mengenausgleich fehlt; fehlender Fairtrade-Code.
  •     Erklärung von TransFair: Pfanner hat bereits nachjustiert und die Verpackung geändert. Der Mengenausgleich wird nun darauf ausgewiesen. Die verkaufte Menge Pfanner Fairtrade-Saft wurde im Ursprung zu 100 Prozent fair eingekauft. Der Fairtrade-Code ist ein freiwilliges Zusatzangebot von TransFair e.V. (wird auch in Österreich angeboten) und bietet zusätzliche Produktinformationen bzw. Informationen zu Prämienprojekten der Organisationen vor Ort. Mehr Infos s.u. und unter www.fairtrade-code.de

Video-Chat mit Dieter Overath

Im Rahmen der Diskussionen rund um den Marktcheck der VZHH und den SPIEGEL-Artikel luden wir am 07.10. ein zum Live-Chat mit unserem Geschäftsführer Dieter Overath.

Alle Fragen, die uns im Vorfeld per Mail oder live im Chat erreichten, konnten beantwortet werden. Sehen Sie hier die Aufzeichnung des Video-Chats:

Zum Video-Chat >

Bei den Produkten, die wegen ihrer unzureichenden Transparenz kritisiert wurden, handelt es sich ausschließlich um Produkte mit Zutaten, für die der sogenannte Mengenausgleich angewendet wird. Physische Rückverfolgbarkeit ist für den Großteil der Fairtrade-Produkte längst verpflichtend. Fairtrade-zertifizierter Kaffee, Bananen, Blumen, Reis, Wein etc. werden stets separat verarbeitet und sind eindeutig rückverfolgbar, wie auch der Marktcheck der Verbraucherzentrale bestätigt. Eine Ausnahme gilt jedoch für Saft, Kakao, Zucker und Tee. Hier werden die Produkte bei den zertifizierten Organisationen zu Fairtrade-Bedingungen eingekauft, die Produzenten profitieren von denselben Vorteilen des Fairen Handels. Mengenausgleich ist für diese Fairtrade-Produzenten ein notwendiges entwicklungspolitisches Instrument der Armutsbekämpfung, und insbesondere wichtig für kleine Produzentenorganisationen. Denn sie können ihre Produkte nicht selbst weiter verarbeiten und sind auf zentrale Weiterverarbeitungsunternehmen angewiesen.

Beispielsweise ist die Orangensaftbranche in Brasilien stark konzentriert: 85 Prozent der Fabrikkapazitäten zur Saftherstellung befinden sich im Gebiet um São Paolo, wo die wenigen Großunternehmen für die Saftverarbeitung angesiedelt sind. Bereits hier werden die Orangen verschiedener Produzenten, darunter auch die von Fairtrade-Organisationen, vermischt, zu Konzentrat (Frozen Concentrated Orange Juice) verarbeitet und dann exportiert. Für eigene Fairtrade-Chargen sind die Mengen nach wie vor zu gering. Nur durch den Mengenausgleich ist es derzeit möglich, dass Saft-Produzenten dennoch vom Fairen Handel profitieren. Das Konzentrat wird von Herstellern aufgekauft, zu Saft verdünnt und abgefüllt. Die Mengen werden genau dokumentiert und nur so viele Endprodukte mit dem Siegel ausgezeichnet, wie es den eingekauften Faritrade-Rohwaren entspricht. Dies wird verpflichtend regelmäßig unabhängig überprüft.

Limonaden, Jogurt, Kakaogetränke, Produkte mit mehreren Zutaten können das Fairtrade-Siegel tragen. Grundsätzlich gilt: Alle Zutaten, die es Fairtrade-zertifiziert gibt, müssen auch fair gehandelt sein. Zusätzlich zu dieser Regel gilt: Der Mindestanteil muss 20 Prozent und mehr betragen. Bei festen Produkten wird der Fairtrade-Anteil nach Gewicht, bei flüssigen nach Volumen berechnet. Liegt der der Anteil von hinzugefügtem Wasser oder Milchprodukten bei über 50 Prozent wird das Wasser oder die Milch bei der Berechnung abgezogen. Milch und Wasser stammen nicht aus Entwicklungsländern des Südens und somit nicht aus Fairem Handel.

Der Fairtrade-Code ist ein Zusatzangebot von TransFair e.V. (wird auch in Österreich angeboten) und bietet zusätzliche Informationen zu den Produzentenorganisationen, die vom Fairen Handel profitieren. Der Code ist ein freiwilliges Angebot und muss nicht verpflichtend genutzt werden. Inzwischen tragen bereits rund 240 Produkte einen Fairtrade-Code. www.fairtrade-code.de