Mary Karanja

Von der Rosenpflückerin zur Teamleiterin

Mary Karanja ist 51 Jahre alt und Mutter von vier erwachsenen Kindern. Seit fünf Jahren arbeitet sie auf der Tambuzi Rosenfarm in Kenia. Angefangen als Pflückerin, organisiert und verantwortet sie mittlerweile 64 Mitarbeiter*innen. Außerdem ist sie Mitglied im Gender-Team ihrer Farm, das Frauenrechte stärkt und sich für Geschlechtergleichberechtigung einsetzt.

Ein blühendes Geschäft

Zehn bis zwölf Stunden Sonne satt und das jeden Tag im Jahr sind ideale Voraussetzungen für ein – im wahrsten Sinne – blühendes Geschäft: Nicht umsonst ist Kenia Exportweltmeister Nummer eins im Anbau von Schnittblumen. Über vier Millionen Stiele wurden alleine im vergangenen Jahr unter Fairtrade-Bedingungen angebaut und auf dem deutschen Markt verkauft. Eine der größten Rosenfarmen des Landes ist die „Tambuzi“ Rosenfarm zu Füßen des Mount Kenias. Über 500 Menschen sähen, ernten und verarbeiten hier die Blumen, bevor sie verpackt und nach Europa exportiert werden. Eine von ihnen ist die 51-jährige Mary Karanja. Seit fünf Jahren arbeitet sie auf der Fairtrade-zertifizierten Farm.

Starke Frauen – nicht nur im Job

Frauen wie Mary machen ungefähr die Hälfte der Beschäftigten auf Kenias Blumen- und Pflanzenfarmen aus. Viele von ihnen sind alleinerziehend und nehmen selbst schlechteste Arbeitsbedingungen hin, um den Lebensunterhalt für sich und die Familie zu bestreiten. Die meisten der Frauen haben zudem einen niedrigen Bildungsstand und kennen ihre Rechte als Arbeitnehmerinnen nicht. Auch sexuelle Belästigung und Diskriminierung kommen in vielen Branchen vor. Mit sogenannten Gender-Komitees setzt sich Fairtrade deswegen für mehr Gleichberechtigung und den Schutz von Frauen und Männern ein. „In speziellen Trainings lernen Frauen, unabhängiger und stärker zu werden – auf der Arbeit, aber auch zu Hause als Frau, Mutter und Vorbilder für unsere Kinder“, erklärt Mary. Als Mitglied im Fairtrade-Gender-Team schult sie selbst Mitarbeiter*innen und sensibilisiert sie für das Thema Geschlechtergleichberechtigung.

Mutter und Teamleiterin

Dabei kommt die vierfache Mutter eigentlich aus einer ganz anderen Branche, verdiente viele Jahre als Schneiderin ihr Geld. Erst als sie die Schulgebühren der Kinder nicht mehr bezahlen konnte, entschied sie sich für einen Jobwechsel und heuerte 2014 auf der Rosenfarm an – zunächst als Sortiererin in der Packstation, dann als Feldpflückerin. Seit zwei Jahren ist Mary nun Teamleiterin und koordiniert ein 64-köpfiges Team. Zu Nadel und Faden greift sie heute nur noch selten. Ab und an bessert sie mit Auftragsarbeiten ihr Einkommen auf, aber Zeit dafür bleibt wenig. Denn wie in Kenia üblich, kümmert sie sich als Ehefrau und Mutter alleine um den Haushalt und das Wohl der Familie – und das zusätzlich zu ihrem Job. Jeden Morgen um fünf Uhr bereitet sie Frühstück und Waschwasser vor. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem jüngsten Sohn sowie der 96-jährigen Schwiegermutter lebt sie in einem kleinen Dorf ca. sechs Kilometer von der Rosenfarm entfernt. Zur Arbeit wird die 51-Jährige jeden Morgen mit dem Motorrad gebracht, bevor ihr Mann seine eigene Schicht als Taxifahrer beginnt. Zurück läuft sie zu Fuß nach Hause: jeden Tag eineinhalb Stunden.
Weiter als die sechs Kilometer von ihrem Dorf bis zur Arbeit und zurück, kommt Mary nicht. Im Gegensatz zu ihren Rosen: Ob Queen Elisabeth, das schwedische Königshaus oder Charlene von Monaco, nach der sogar eine eigene Rose benannt wurde – manch ein Strauß landet in europäischen Adelshäusern! Mary dagegen ist noch nie verreist. Bis jetzt: Als Blumen-Botschafterin reist sie Anfang März gemeinsam mit TransFair durch Deutschland, um sich für den fairen Handel und Frauenrechte starkzumachen.