Lilian Maina

Gender-Verantwortliche bei Fairtrade Africa

“Geschlechtergleichberechtigung ist mehr als eine 50-Prozent-Frauenquote im Parlament. Es braucht Beteiligung, Empowerment! Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen. Und selbst wenn sie keine solche Position innehaben, sollen die Frauen selbstbewusster werden. Sie sollen erkennen, dass sie Einfluss nehmen können und dass ihre Stimme gehört wird.”

Lilian Maina ist 29 Jahre alt und Gender-Spezialistin bei Fairtrade Afrika. Seit Anfang 2017 kümmert sie sich um das Thema Gleichberechtigung auf Fairtrade-zertifizierten Blumenfarmen und klärt Frauen und Männer über Rollenklischees, Chancengleichheit und Schlüsselthemen wie sexuelle Belästigung auf.


Afrika ist ein sehr vielfältiger Kontinent. Was die meisten Länder verbindet, ist die stark patriarchisch geprägte Kultur. Hat sich diese in den letzten Jahren verändert?

Auch in Afrika übernehmen mittlerweile immer mehr Frauen Führungspositionen –gerade in letzter Zeit. Auch in der afrikanischen Politik tut sich etwas: Kenias Verfassung fordert beispielsweise eine Zweidrittel-Geschlechterregel. Demnach dürfen nicht mehr als zwei Drittel eines Geschlechtes – also Frauen sowie Männer – im Parlament sitzen. In Äthiopien sind ganze 50 Prozent der Abgeordneten weiblich. Selbst an der Spitze des Landes steht eine Frau. Und trotzdem gibt es noch immer viel zu tun: Geschlechtergleichheit ist schließlich mehr als irgendeine 50-Prozentquote im Parlament. Dafür braucht es Beteiligung, Empowerment! Frauen müssen selbstbewusster werden. Sie müssen erkennen, dass sie Einfluss nehmen können und endlich das Gefühl bekommen, dass ihre Stimme gehört wird.

Was macht Fairtrade Afrika für mehr Gleichberechtigung?

In vielen Kooperativen gibt es sogenannte Gender-Komitees. Außerdem gibt es mich als konkrete Ansprechperson. Ein großer Teil meiner Arbeit ist dabei die Sensibilisierung für Geschlechterfragen und die Schulung auf Blumenfarmen. Ich arbeite also hauptsächlich mit den Gender-Komitees zusammen, um ein Verständnis dafür zu vermitteln, was Geschlechterdifferenz überhaupt ist und welche Rollen Frauen in der Gesellschaft haben. Eine Frau ist – gerade in der afrikanischen Gesellschaft – nicht nur Arbeitskraft, sondern gleichzeitig auch Ehefrau und Mutter. Außerdem geht es natürlich viel um Schlüsselthemen wie sexueller Belästigung. Ich schule die Komitees, damit sie in der Lage sind, mit Fällen von sexueller Belästigung umzugehen, wenn etwas derartiges bekannt wird. Im Grunde geht es aber vor allem um Umdenken im Kopf.

Aufklärung ist das eine – wie sieht Geschlechtergleichberechtigung in der Praxis aus?
Die „Women School of Leadership“ ist definitiv das spannendste und erfolgreichste Geschlechterprojekt, das Fairtrade Afrika bisher umgesetzt hat. Dabei geht es aber nicht nur um die Schülerinnen, sondern um die Rolle der Frau generell. Unser Ziel ist es, Frauen selbst zu Akteurinnen des Wandels zu machen. Die Absolventinnen sollen selbstbewusster werden und mit diesem neuen Selbstbewusstsein an ihre Arbeitsplätze und in ihre Familien zurückkehren. Sie sollen ihr erworbenes Wissen praktisch als Vorbilder in die Welt tragen. Nur so kann es zu einem gesellschaftlichen Wandel, einer Revolution kommen, die weit über das Fairtrade-System hinaus geht.


Über die "Women's School of Leadership"

Die „Women School of Leadership” unterstützt Frauen aktiv dabei, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Über ein Jahr lang bekommen sie Schulungen zu Themen wie Verhandlungsgeschick, Finanzmanagement und Menschenrechten. Obwohl sich das Angebot speziell an Frauen richtet, dürfen auch Männer an den angebotenen Kursen teilnehmen. So sollen sie die Vorteile einer Geschlechtergleichberechtigung selbst erleben.